26.10.2022 21:20
Es ist Ende Oktober und nicht einmal ein viertel der Grundsteuererklärungen sind eingegangen. Das hat m.E. zwei Gründe und beide Gründe liegen außerhalb der Möglichkeiten Ihres Unternehmens:
1 - Fehlende digitale Kompetenz in weiten Teilen der älteren Bevölkerung (die aber meist Eigentümer sind).
2 - Die Idee der Finanzverwaltung, dass all diese Daten durch den Eigentümer zu recherchieren sind. Diese Idee ist meiner Meinung nach fatal. Die meisten Leute wissen nicht einmal was ein Flurstück ist und können keinen Grundbuchauszug lesen und verstehen. Ganz zu schweigen von Begriffen wie Bruchteilsgemeinschaft. Ich würde schätzen, dass die Qualität der abgegeben Daten miserabel sein wird und nachdem die Grundsteuerbescheide ergehen, eine gigantische Flut von Einsprüchen kommen wird. Es kommt noch dazu, dass 90 Prozent der abgefragten Daten den Behörden eigentlich bekannt sind. Warum muss der Bürger das alles zusammentragen? Die Fachleute in den Behörden könnten das viel besser. Beispiel: Größe des Flurstückes. Steht im Grundbuch, ist öffentlich durch ALKIS abrufbar. Warum muss ich es suchen, nicht finden und falsch eintragen? Aus diesem Grund befürchte ich, dass das ganze Projekt in einem Desaster enden wird, sie erreichen auch Ende Januar keine 50 % und mehr als die Hälfte der Daten wird fehlerhaft sein. Sie als Hersteller der Software können nichts dafür, trotzdem wird die ganze Wut der Gesellschaft bei Ihnen landen und die Politik sie als Sündenbock finden.
Der Normalbürger differenziert nicht. Ob Digitalservice GmbH, Finanzamt oder Grundbuchamt? Das ist für den Bürger alles nur eins: Behörden, Staatsbeamte, Bürokraten. Er darf aber eines: wählen. Und damit fördern solche Projekte das Auseinanderdriften der Gesellschaft, das Hochkommen von zweifelhaften Parteien, gar den Trumpismus. Das hätten Ihre Auftraggeber vorher überlegen sollen.
Ein (nicht ganz ernst gemeinter) Vorschlag: Das nächste Mal, wenn sie so etwas planen, machen Sie ein Mockup und lassen Sie es von meiner Frau ausfüllen (61 Jahre, Hochschulabschluss). Wenn sie scheitert, können Sie das ganze Ding vergessen. Mit der Grundsteuererklärung hat sie es gar nicht versucht. Sie hat ja mich für so etwas. Ich musste aber auch kämpfen, googeln, Hilfe lesen. Es hat 3 Stunden gedauert bis ich fertig war, obwohl ich vorher der Meinung was, dass ich alle Daten zusammengetragen habe.