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Eine Person sitzt mit einem aufgeklappten Laptop am Tisch und hat die Seite des Elterngeldrechners mit Planer offen

Elterngeldrechner: Optionen aufzeigen und Fehlern vorbeugen

Elterngeld ist eine der wichtigsten Leistungen für werdende Eltern – es schafft Freiräume, damit Familien gemeinsam in den neuen Lebensabschnitt starten können. Viele Eltern wünschen sich heute eine partnerschaftliche Aufteilung der Elternzeit und erleben das Elterngeld als wertvolle Unterstützung auf diesem Weg. Und immer mehr Väter möchten aktiv Zeit mit ihrem Kind verbringen – das ist eine erfreuliche Entwicklung. Gleichzeitig zeigt sich: Der Anteil der Väter, die Elterngeld beziehen, lag 2024 noch bei knapp 26 Prozent.

Wenn wir uns als DigitalService die User-Journey werdender Eltern anschauen, fällt auf: Sie sind konfrontiert mit der Masse und Komplexität der zu beantragenden Leistungen. Ganz zentral und besonders herausfordernd ist die Beantragung von Elterngeld. Anforde­rungen und das Elterngeld selbst werden nicht verstanden, für Selbstständige ist es noch komplizierter.

Eltern wählen dann oft das ihnen bekannte Modell aus: zwölf Monate für die Mutter und zwei Monate für den Vater. Dass es so komplex ist, ist nicht nur für die Eltern problema­tisch, sondern auch für die Mitarbeitenden der Elterngeldstellen. Der Antrag wird am Ende falsch gestellt, oder es fehlen Nachweise, die nicht eingereicht wurden. Das bedeutet nicht nur einen Mehraufwand für Eltern in ihrer besonderen Situation, sondern auch Mehrarbeit für die Elterngeldstellen und Mehrkosten für die Verwaltung.

Dies zeigt einmal mehr, dass fehlende Nutzerfreundlichkeit kein Schönheitsfehler ist, sondern ein Kostenfaktor: Verwaltungsmitarbeitende müssen bei fehlerhaften Anträgen individuell prüfen, nachfassen und korrigieren. Das kostet Zeit, Personalaufwand und damit Geld. Investitionen sind nötig, um einen Service gut zu digitalisieren. Mittel- und langfristig sorgen größere Effizienz und automatisierte Abläufe jedoch für einen Mehrwert, der den anfänglichen Aufwand rechtfertigt und übersteigt – die Digitalrendite.

Einer der häufigsten Fehler in den Anträgen ist die Aufteilung des Elterngeldbezugs unter den Eltern. An dieser Stelle setzt der Elterngeldrechner an. Für eine bessere und ver­ständlichere Planung können werdende Eltern mit dem Elterngeldrechner verschiedene Optionen durchspielen. So finden sie heraus, welche Aufteilung der Elterngeldmonate in ihrem Fall die passendste ist und wie hoch ihr Anspruch voraussichtlich sein wird. Das Entscheidende: Der Elterngeldrechner berücksichtigt die gesetzlichen Grundlagen und lässt nur korrekte Planungsvarianten zu.

Projektleiterin Marie Beckmann hält vor anderen Personen eine Präsentation und erläutert die Arbeit an der Weiterentwicklung des Elterngeldrechners

Die Nutzendenreise bis zum Ende denken

Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) entwickeln wir seit 2024 den Elterngeldrechner und den bundes­ein­heitlichen PDF-Antrag auf Elterngeld weiter. Die Zusammenarbeit entstand aus einem vorangegangenen Tech4Germany Projekt mit dem damaligen Bundesfamilienministerium, getragen durch den Gedanken, zu einer partnerschaftlicheren Aufteilung der Care-Arbeit beizutragen. Anders als bei vielen anderen Projekten des DigitalService haben wir hier ein bestehendes Produkt übernommen und entwickeln dieses nun iterativ weiter.

Neben dem vom Bund betriebenen Elterngeldrechner gibt es diverse weitere Angebote der Bundesländer und nicht staatlicher Organisationen rund um Elternzeit und Elterngeld. Von der Erstberatung bis zur Anpassung von Elterngeldanträgen können Eltern also auf viele digitale und analoge Tools und Formulare zurückgreifen. Dabei müssen sie sich selbst durch die Vielzahl der Angebote arbeiten und sich das Elterngeld und seine Prozesse selbst erschließen. Denn ineinandergreifen die Produkte derzeit nicht.

Im gesamten Serviceprozess des Elterngeldes nimmt der seit mehreren Jahren auf dem Familienportal des BMBFSFJ angebotene Elterngeldrechner eine zentrale Position ein. Mit mehr als 100.000 Aufrufen im Monat ist der Elterngeldrechner unter den werdenden Eltern ein viel genutztes Tool. Diese zentrale Positionierung in der Journey nutzen wir. Wir unterstützen die Eltern dabei, rechtskonform zu planen und die verschiedenen Optionen durchzuspielen.

Eltern müssen zum Beispiel zunächst verstehen, welche Kombinationen von Elterngeld möglich sind und welche nicht. So haben wir festgestellt, dass Eltern meist schon mit Fehlinformationen in den Elterngeldrechner starten, dieser die vorhandene Verunsi­che­rung aber bisher nicht auflösen konnte. Eltern blieben unsicher, welche Kombinationen von Elterngeld möglich sind oder ob der Elterngeldrechner korrekte Planungen ausgibt. Im Zweifel trug diese Unsicherheit dazu bei, dass sie sich für bekannte Kombinationen entschieden und die flexiblen Möglichkeiten, die das Elterngeld bietet, nicht ausschöpf­ten. Mit einem neuen Prüfungsfeature begegnen wir dieser Unsicherheit. Planungshilfen sollen dazu anregen, verschiedene Kombinationen in Betracht zu ziehen. Zusätzlich kann die korrekte Planung, die im Elterngeldrechner erstellt wurde, nun auch direkt in den PDF-Antrag übernommen werden. So werden fehlerhafte Planungen im finalen Antrag verhindert.

Vater im Interview während der Nutzenden-Recherche

Ich bin dann selber nicht mehr durchgestiegen und hab gedacht – ne komm, ich mach jetzt 12:2 und fertig.

Releases mit neuen Features im Live-Betrieb

Rund 100.000 monatliche Aufrufe ermöglichen uns, den Elterngeldrechner datengetrieben weiterzuentwickeln. Das bedeutet, wir erheben anonymisierte Nutzungsdaten. So können wir Schwachstellen und Probleme schnell identifizieren und verbessern bzw. Inhalte in der Live-Umgebung erproben.

Der Elterngeldrechner startet mit einem Abfrageteil, in dem Nutzende Angaben machen müssen. Anschließend muss eine Planung erarbeitet werden, wer wann welches Elterngeld bezieht, und zusätzliches Einkommen angegeben werden kann, wenn man während des Elterngeldbezugs in Teilzeit arbeitet. Nur dann können wir eine möglichst korrekte Berechnung des zu erwartenden Elterngeldes durchführen. Durch unsere Datenanalyse konnten wir erkennen, dass Nutzende an der Stelle abbrechen, an der sie die Aufteilung des Elterngeldes planen sollen. In Interviews mit Eltern bekamen wir ein ähnliches Feedback. Eltern war an dieser Stelle unklar, wo sie anfangen sollen, was ElterngeldPlus oder der Partnerschaftsbonus überhaupt sind. Durch die Einführung von Planungshilfen konnten wir diesen Moment der Überforderung überbrücken. Eltern starten damit nicht mehr mit einer leeren Planung, sondern können vorgefertigte Pläne nach ihren Bedürfnissen individualisieren. Der Partnerschaftsbonus wird nun gesondert nach der Überprüfung eines erstellten Plans als Zusatzoption eingeführt. Dadurch bekommt er einen besonderen Stellenwert. Vor allem aber: Eltern müssen nicht mehr alles auf einmal verstehen, sondern werden Schritt für Schritt an die finale Planung herangeführt.

Screenshot einer Formularseite des Elterngeldrechners „Planen Sie Ihre Elterngeld“

Es geht nicht ohne Research mit Eltern und Verwaltungsmitarbeitenden

Wir lernen aber nicht nur in der realen Umgebung unseres Live-Produktes. Neue Features und Konzepte werden zunächst auf Basis von User-Research erarbeitet und validiert.

Für die Datenerhebung involvierten wir rund 160 Verwaltungsmitarbeitende bei verschie­de­nen Elterngeldstellen sowie ca. 400 Eltern. So stellten wir fest, dass der einheitliche PDF-Antrag und Rechner durchaus in Kombination genutzt werden – der Elterngeld­rech­ner hilft, die Leistungen durch „Learning by Doing“ zu verstehen. Im Research zum PDF-Antrag konnten wir erkennen, dass Probandinnen eigenständig den Elterngeldrechner genutzt und die entstandene Planung händisch in den PDF-Antrag übertragen haben. Aus dieser Beobachtung entstand unser Feature zur Datenübernahme in den PDF-Antrag.

Screenshot einer Formularseite des Elterngeldrechners: „Wie stellen Sie sich Ihre Elternzeit vor?“

Aus dem Koalitionsvertrag der 21. Legislaturperiode auf Seite 99

… indem wir mehr Anreize für mehr Partnerschaftlichkeit, insbesondere mehr Väterbeteiligung in alleiniger Verantwortung setzen. (…) Unser Ziel ist eine konsequente Ende-zu-Ende-Digitalisierung beim Elterngeld.

Erste Schritte zu konsequenter Nutzerfreundlichkeit

Uns war von Anfang an bewusst, dass ein optimierter Rechner als loses Ende in der Servicelandschaft noch keine Lösung ist, sondern nur einen ersten Schritt darstellt. Dafür ist es notwendig, den Elterngeldrechner mit den anderen Produkten rund ums Elterngeld synergetisch zu verzahnen und für Bürger:innen nutzbar zu machen. Die Grundlage ist mit dem neuen Feature gelegt. Eine Schnittstelle zu den Antragstools der Bundesländer für den Elterngeld-Antrag selbst ist ebenfalls vorhanden, wird aber derzeit noch nicht genutzt.

Denn im Unterschied zur Bundesebene mit einer iterativen und sehr nutzerzentrierten Weiterentwicklung gibt es auf Länderebene kaum Kapazitäten dafür und zusätzlich lange Umsetzungszyklen. Dass Eltern ihre Planungsdaten aus dem Elterngeldrechner in den bundeseinheitlichen PDF-Antrag auf Elterngeld übertragen können, geht bereits in Richtung eines echten Servicegedanken.

Der Elterngeldrechner und das Antragsformular sind inzwischen also näher aneinander gerückt: Der Elterngeldrechner klärt über die verschiedenen Optionen auf und bereitet Eltern auf die Beantragung vor. Dies sind erste Schritte in Richtung einer klaren, digitalen Nutzendenführung.


Portrait Foto der Autorin Marie Beckmann

Marie Beckmann

arbeitet als Senior Product Managerin beim DigitalService und ist Projektleiterin für die Weiterentwicklung des Elterngeldrechners. Agile und nutzerzentrierte Produktentwicklung treiben sie seit Beginn ihrer beruflichen Laufbahn an. Bevor sie im Juni 2021 zum DigitalService kam, war sie als Product Owner bei IBM iX tätig. Bereits dort hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Art und Weise, wie wir uns im digitalen Umfeld bewegen und interagieren, bedürfnisorientiert zu gestalten.