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Carolin, Produktmanagerin beim DigitalService, steht im Büro des Unternehmens vor einer Glaswand, die mit vielen bunten Notizzetteln verziert ist. Sie hat blonde, lange Haare und trägt einen hellen Rollkragenpullover.

Interview mit Produktmanagerin Carolin

Carolin ist seit November 2020 Produktmanagerin beim DigitalService und war eine der ersten 15 Mitarbeiter:innen. Davor nahm sie als Product Fellow beim Tech4Germany Fellowship teil und sammelte bereits Berufserfahrungen im Bereich Digital Transformation & Strategy bei der Commerzbank sowie als Mitgründerin der Start@BlueFactory Berlin. Das Thema Mental Health spielt eine große Rolle für Carolin – ihre Batterien lädt sie bei Ausflügen im VW-Bus mit ihrem Partner wieder auf.

„Wir wollen nicht nur eine gute Lösung anbieten, sondern auch einen guten Lösungsweg.“

Was und wo hast Du studiert?

In meinem Bachelor habe ich internationale Wirtschaft an der ESB studiert, einer staatlichen Business School in Reutlingen. Die internationale Ausrichtung mit der Kurssprache Englisch hat mir gut gefallen. Während meines Masterstudiums an der ESCP war ich dann ein Jahr in Paris und ein Semester in London.

Bei der Commerzbank warst Du u.a. Project Managerin Digital Transformation & Strategy. Erzähl uns davon… Was hast Du dort gelernt?

Als Berufseinsteigerin schaut man ja am Anfang immer: Wie viel kann ich lernen? Ich hatte das Glück mit Manager:innen in verschiedenen Positionen zusammenzuarbeiten, die mich aktiv gefördert haben. In meiner Zeit als Trainee habe ich sehr viel über das Bankgeschäft gelernt. Ich war beispielsweise im Auslandsgeschäft bei den Mittelstandskunden oder war vor Ort in einer Filiale, um da mal reinzuschnuppern. So hatte ich stets vor Augen, wen wir mit den strategischen Themen erreichen wollten. Da habe ich schnell gelernt: Es zählt nicht nur die gute Idee, sondern dass sie am Ende auch wirklich funktioniert und akzeptiert wird. Als Teil des strategischen Teams durfte ich schließlich den digitalen Campus mit aufbauen. Ich kam gerade zu einer Zeit, als sich im Bereich Digitalisierung viel getan hat. So wurde der Input von uns „Neuankömmlingen“ ziemlich geschätzt.

Du warst dann Mitgründerin von Start@BlueFactory Berlin. Was hast Du dort gemacht und was bringst Du aus dieser Zeit mit?

Ich wollte näher an den Ursprung von Innovation, näher an den Gründungssektor. Ich hatte davor schon an dem Inkubator meiner Uni mitgearbeitet, der BlueFactory. Dort habe ich schnell gemerkt: Wir adressieren einen Großteil der studentischen Gründer:innen nicht. Daher habe ich die Berliner Filiale des Inkubators gegründet. Hier wurden gründungswillige Studierende in einem mehrmonatigen Programm von Expert:innen gecoacht und auf dem Weg in die Gründung begleitet: Wie setze ich mein Geschäftsmodell gut auf und um? Wie stelle ich ein leistungsfähiges Team zusammen? Wie entwickle ich mein Produkt?

Dann warst Du Product Fellow bei Tech4Germany. An welchem Projekt hast Du zusammen mit der Verwaltung gearbeitet?

Ich bin Tech4Germany schon länger in den sozialen Medien gefolgt. Daher wusste ich, dass in jedem Team des Tech4Germany Fellowships immer drei Disziplinen vertreten sind: Design, Product und Engineering. Das bringt mit sich, dass man durch die interdisziplinäre Zusammensetzung der Teams automatisch auch mehr Einblicke in die Arbeit der anderen Disziplinen bekommt. Und ich hatte große Lust mehr Erfahrungen im Bereich Produktentwicklung zu sammeln, denn ich kam ja eher aus der strategischen Ecke. In meinem Projekt ging es um ein komplexes Thema: den Zugang von Wissenschaftler:innen zu staatlich gesammelten Gesundheitsdaten.

Seit November 2020 bist Du jetzt Produktmanagerin beim Digital Service. Was ist hier Deine Rolle?

Meine Rolle ist sehr vielfältig. Ausgehend von der jeweiligen Problemstellung, an der wir arbeiten und dem vorhandenen Lösungsraum, leiten wir die Produktvision ab, die wir im engen Austausch mit den Nutzer:innen validieren und weiterentwickeln. Dazu kommen natürlich noch so komplexe Themen wie Datenschutz. Ich schaue, dass am Ende alle Anforderungen an ein Produkt gut zusammenlaufen. Die Verwaltung ist ein unglaublich komplexer und gleichzeitig spannender Partner. Da gibt es nicht nur die eine Herangehensweise. Offene und klare Kommunikation miteinander hilft hierbei. Am Ende ist doch alles eine Kollaboration von Menschen. Mit gegenseitiger Wertschätzung läuft alles leichter.

Carolin steht in den Büroräumen des DigitalService und gestikuliert mit beiden Händen auf Schulterhöhe während sie spricht

Wie würdest Du Eure Mission beschreiben?

Wir haben die Mission, digitale Lösungen zu bauen, die genauso gut funktionieren wie wir es von anderen Alltagsanwendungen kennen. Im öffentlichen Sektor. Für und mit der Verwaltung. Und vor allem: Für die Bürger:innen.

Wie stellt Ihr sicher, dass Eure Produkte bürgernah sind und für alle funktionieren?

Wir schauen am Anfang sehr genau, von welchem Problem wir ausgehen und wer davon wie stark betroffen ist. Das ist dann ausschlaggebend dafür, inwieweit wir die jeweiligen Nutzergruppen einbinden. Bei unseren Projekten stehen die Nutzer:innen ganz klar im Fokus. Wir arbeiten uns fundiert ein und stellen ganz viele Fragen: Was bewegt und begeistert die Leute? Wie ticken sie? Wir wollen nicht nur eine gute Lösung anbieten, sondern auch einen guten Lösungsweg.

Wie wichtig ist Dir Freiheit bei Deiner Arbeit?

Sehr wichtig und das hat mir schon bei Tech4Germany sehr gut gefallen: Wir hatten da ja gar keine Vorgesetzten. Daher konnten wir uns als Team komplett selbst organisieren, was ein gutes Gefühl war. Da bin ich auf den Geschmack gekommen. Ich arbeite sehr gerne mit verschiedenen Stakeholdern in komplexen Systemen und schätze die strategische Herausforderung. Unsere Arbeitskultur beim DigitalService ist vertrauensbasiert. Probleme lösen wir hierarchiefrei. Wenn wir in unserer Freiheit eingeschränkt wären, könnten wir den Nutzer:innen nicht mehr das liefern, was wir liefern wollen.

Carolin hat beide Hände auf Schulterhöhe, die Handflächen sind zueinander egrichtet und sie blickt geradeaus.

Wie erlebst Du den Teamspirit beim DigitalService?

Jeder hat die Passion, im Verwaltungskontext etwas Positives voranzutreiben. In der Verwaltung wurden seit Jahrzehnten Strukturen etabliert, die ein Produktdenken erschweren. Wir diskutieren im gesamten Team die Herausforderungen. Jede:r ist intrinsisch motiviert, für die Verwaltung und die Nutzer:innen etwas Gutes zu bewirken. Das macht Sinn. Und Spaß. Und das zeichnet uns als Team aus.

Wie hältst Du Dich auf dem Laufenden?

Ich suche innerhalb des DigitalService sehr stark den Austausch mit anderen Köpfen, die etwas komplett anderes machen als ich. Für mich ist es vielleicht gar nicht so sehr die Frage, up to date zu sein, sondern empathisch zu bleiben.

Wie regenerierst Du?

Am liebsten gehe ich abends raus. Gutes Essen genießen, da probiere ich gerne verschiedene Sachen aus. Wir sind hier den ganzen Tag sehr kopf- und herzlastig involviert. Mir gefällt es im Gegensatz dazu auch, mich mit etwas Praktischem zu beschäftigen. Ich liebe es, mit dem VW-Bus unterwegs zu sein. Berlin ist für mich und meinen Partner noch immer recht neu, wir sind erst knapp 3 Jahre hier. Wir lieben es, von Berlin aus schöne Orte zu entdecken: Von Brandenburg über Mecklenburg-Vorpommern bis Polen.

Was hättest Du gerne früher gewusst?

Mhhh… Ich habe das Gefühl: Wir finden noch immer heraus, was wir alles noch lernen müssen. Wir stellen fest, welche Themen schwierig sind. Komplexe Partnerschaften, das Vergaberecht… Das ist gar nicht so leicht. Und: Ich hätte gerne schon in früheren Arbeitsverhältnissen interdisziplinär zusammengearbeitet.

Hast Du ein Credo?

Das Vertrauen, dass die meisten Menschen ihr Bestmögliches geben in der jeweiligen Situation und dem jeweiligen Kontext. Daher bringt der Blick von oben herab gar nichts. Auf Augenhöhe und mit Empathie und Vertrauen ist es viel besser.

Worauf warst Du bei deiner Arbeit beim DigitalService besonders stolz?

Als ich mein erstes umfangreicheres Datenschutz-Dokument erstellt habe, für das ich mir viel Beratung geholt habe. Das haben wir dann nach Monaten der Abstimmung beim Bundesdatenschutzbeauftragten eingereicht. Als es dann hieß: sieht soweit gut aus, keine weiteren Dokumente werden gebraucht. Da war ich schon stolz. Ein Teamerfolg. Es hat uns gefreut, diese Hürde genommen und ein Go bekommen zu haben. Damit war der Weg frei für die Pilotierung des Projekts.

Carolin bewegt ihre Hände, um etwas darzustellen. Die rechte Hand ist dabei höher als die linke Hand und beide Handflächen zeigen nach vorne.

Was ist analog besser als digital?

Menschen kennenzulernen. Workshops. Small Talk und Flurfunk.

Was tust Du für eine Zukunft, in der Du leben möchtest?

Mir ist es super wichtig, lösungsorientiert zu handeln und auch zu kommunizieren. Ich denke immer wieder, wenn jede:r Verantwortung übernimmt, für das, was er oder sie gestalten kann, dann hätten wir eine bessere Gesellschaft, als wenn alle sich beschweren und keine:r sich zuständig fühlt. Ich glaube auf jeden Fall an die Verantwortung des und der Einzelnen. Und an das Prinzip, Verantwortung für andere mit zu übernehmen. Es gibt viele, die können aus unterschiedlichen Gründen nicht direkt für ihre Rechte eintreten. Für die will ich auch etwas Gutes bewirken und hilfreich sein.

Ohne was geht es nicht?

Es geht nicht ohne Menschen. Ich will zuhören, was andere denken und will meine eigene Meinung zu einem Thema hinterfragen. Ich will mitdiskutieren und mitgestalten. Ich will ein aktiver Teil in der Gesellschaft sein und nicht mit 50 dasitzen und denken: Mmhh, irgendwie gefallen mir hier viele Sachen nicht.

Bester Ratschlag?

An mich selber: Nicht alles durchplanen. Lieber Dinge auf sich zukommen lassen, um dann sehr flexibel reagieren und agieren zu können.

Wenn der Digital Service ein Tier wäre, welches wäre es und warum?

Ein soziales Tier. Denn wir sind gerne in der Gruppe unterwegs. Wir kollaborieren gerne – auch mit anderen Organisationen. Aber gleichzeitig sind wir auch wie ein Jungtier: Wir wollen schnell sein und Spaß haben bei dem, was wir tun.