Zum Inhaltsbereich wechseln
English
Die Autorin Caroline hält ein Mikrofon in der Hand und steht vor einem Bildschirm auf einer kleinen Konferenzbühne.

Transformationsmanagement in der Justizlandschaft

Transformation – was bedeutet das eigentlich? Im Verwaltungskontext taucht der Begriff immer wieder auf und auch beim DigitalService hat das „Transformationsmanagement“ eine eigene Disziplin, in der elf Kolleg:innen arbeiten. Eine von ihnen ist Caroline Merz, die unser Projekt „Digitale Rechtsantragstelle“ (RAST) als Transformationsmanagerin begleitet. In diesem Blogbeitrag gibt Caroline Einblicke in ihren Arbeitsalltag und zeigt so am Praxisbeispiel, wo Transformations­management ansetzt.

Digitale Rechtsantragstelle: Einblick in die Praxis

Um einen besseren Einblick in die Arbeit einer Transformationsmanagerin zu geben, beschäftigt sich der folgende Abschnitt mit den konkreten Herausforderungen und Aufgaben in unserem Projekt „Digitale Rechtsantragstelle“.

Kurz und knapp zum Projekt: Es geht darum, gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) eine (rechts-)staat­liche Anlaufstelle für Bürger:innen im Internet schaffen, über die Justiz-Services einfach digital zur Verfügung gestellt, beantragt und genutzt werden können. Damit wollen wir einen einfacheren Zugang zum Recht ermöglichen. Gleichzeitig sollen die Mitarbeitenden in der Justiz entlastet werden – weshalb der DigitalService direkt mit ihnen zusammenarbeitet, um die Lösungen auf sie zuzuschneiden. Wer interessiert an mehr Informationen und Updates ist, wird auf unserer Projektwebsite fündig.

In der aktuellen Projektphase gibt es drei große Felder, denen sich die Transformations­disziplin widmet:

  • Die Zusammenarbeit mit komplexen Stakeholdern aufbauen und gestalten
  • Den Servicestandard als Transformationshebel einführen und vorantreiben
  • Angrenzende, sich anbahnende Themen erforschen

Die Disziplin ist aber, wie jede andere Disziplin, so flexibel und agil, dass sich die Fokusthemen von Projektphase zu Projektphase ändern und mit dem Projekt mitwachsen.

Zusammenarbeit

Betrachtet man die Zusammenarbeit auf Teamebene im Projekt „Digitale Rechtsantragstelle“, verstehen wir unsere Projektpartner:innen aus dem Bundes­ministerium der Justiz nicht als externes Team, mit dem wir zusammenarbeiten, sondern vielmehr als Teil unseres interdisziplinären Teams. Mit ihrer fachlichen Expertise im Bereich Recht ergänzen sie die Expertise unserer Produkt-, Design-, Software­entwicklungs- und Transformations­expert:innen. Als Transformations­manager:innen haben wir im Voraus dafür gesorgt, dass dieses Verständnis bei allen Beteiligten gefestigt ist. Wir haben eine Roadmap entwickelt, die veranschaulicht, welcher Teil des Teams welche Aufgaben hat – und dabei berücksichtigt, dass es eine geteilte Verantwortung und Aufgabenverteilung in der Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen im BMJ gibt.

Das Zusammenarbeits­modell in unserem Projekt nennen wir „Partizipative Produkt­entwicklung“. Es umfasst insgesamt circa 90 Mitwirkende, wir arbeiten mit drei verschiedenen Ebenen zusammen. Der Aufbau dieses Modells lag in der Verantwortung der Transformations-Disziplin, mittlerweile werden die Zusammenarbeits­formate und -Kanäle von allen weiteren Disziplinen beziehungsweise dem gesamten Projektteam genutzt und getragen. Konkret beziehen wir im Projekt Justizministerien aus neun Bundesländern und 17 Pilotgerichte in die Entwicklung mit ein und testen zusammen unter anderem Prototypen im Echtbetrieb.

Eine Grafik mit drei in einanderliegenden Kreisen veranschaulicht das Zusammenarbeitsmodell Partizipative Produktentwicklung. Der äußerste Kreis enthält das Wort „Pilotgerichte“, der mittlere Kreis „Partnerländer“, der innerste Kreise „Projektteam DigitalService und BMJ“.

Visualisierung „Zwiebel der Zusammenarbeit“

Im Zuge der Kollaboration zwischen uns, dem Projektteam „Digitale Rechtsantragstelle“, und den Mitwirkenden aus den Partnerländern und Pilotgerichten gibt es regelmäßig Besuche, Prototypen­testings im Echtbetrieb und diverse Austauschformate. Dabei haben wir Transformations­manager:innen ein besonderes Auge dafür, dass Fachbegrifflichkeiten für alle Teilnehmenden erläutert werden, dass Termine eingehalten werden und die Kommunikation in einem wertschätzenden Rahmen stattfindet – trotz des zuweilen stressigen Arbeitsalltags aller Beteiligten.

Das Aufgabenfeld geht aber über die direkte Zusammenarbeit zwischen DigitalService, dem Bundesministerium der Justiz und den Pilotgerichten hinaus: Die Digitalisierung der Justiz ist nur möglich, wenn ein großes Netzwerk von Stakeholdern überzeugt und mitgenommen wird. Darum sorgt das Transformations­management dafür, dass Pilotgerichte, Bund und Länder im gesamten Entwicklungs­prozess des Projektes stetig in die Lösungsfindung eingebunden werden. Das bedeutet: Wir erklären Methoden und Lösungen, wir holen fachliche Expertise sowie Feedback aus diversen Richtungen ein – und ja, wir wiederholen uns auch oft, weil wir diverse Stakeholder kontaktieren. Diese Erkenntnisse geben wir gebündelt an das Projektteam weiter, organisieren den Informationsaustausch. Letztlich sorgen wir damit für die Akzeptanz und Transparenz der Produkte und unserer Arbeitsweise.

Auf einer weißen Tischplatte liegt ein Stapel mit Postern, auf denen die 19 Punkte des Servicestandards für die digitale Verwaltung beschrieben sind.

Servicestandard als Transformationshebel

Im Kontext des Projektes haben wir uns vorgenommen, maximal transparent mit unseren Projektinhalten umzugehen. Als Projekt möchten wir für die interessierte Öffentlichkeit und alle Mitwirkenden keine Blackbox sein, sondern ein Projekt, von dem jeder zu jedem Zeitpunkt nachschauen kann, wie es um das Projekt steht.

Der Servicestandard des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) hilft uns dabei, genau diese radikale Transparenz herzustellen. Wir ziehen ihn als Prozessbegleiter heran und machen an den großen Meilensteinen, wie einem anstehenden Launch, ein sogenanntes Review. Der Servicestandard und der damit verbundene Review-Prozess helfen uns dabei, vielen Themen zum richtigen Zeitpunkt genau die richtige Aufmerksamkeit zu geben.

Der Servicestandard Report, der aus dem Review entsteht, dient auch als Artefakt für unsere Stakeholder. Mithilfe des Servicestandards gelingt es uns, unsere Arbeitsweise, Prinzipien und Werte klar zu kommunizieren. Die Beurteilung entlang des Servicestandard hilft uns, eine bestimmte Qualität entlang der Servicestandard Bereiche Nutzer­zentrierung, Vorgehen, Offenheit, Zusammenarbeit, Technischer Betrieb und Wirkungs­controlling zu garantieren.

Angrenzende, anbahnende Themen erforschen

Gerade im Bereich der Digitalisierung trifft die Aussage zu: Alles ist miteinander verbunden. Und genau deshalb ist es so wichtig, dass wir neben unserem eigentlichen Projektfokus, Anträge digital einreichbar zu machen, auch angrenzende Themen erforschen und mitgestalten.

In unserem Projektkontext sind das die beiden großen Themen Justizcloud und das Bund-Länder-Justizportal für Onlinedienstleistungen, die beide, wenn sie erfolgreich umgesetzt werden sollten, einen großen Einfluss und Auswirkungen auf unsere Lösung haben könnten. Daher ist es wichtig, sich aus Transformations­perspektive mit genau diesen Themen auseinanderzusetzen. Ein bundeseinheitliches Justizportal bietet vielleicht in Zukunft die Heimat für unsere Lösungen zur Antragserstellung, also ist es nur sinnvoll, hier in Kontakt mit den relevanten Gremien und Entscheidern zu stehen, mit Expertise Einfluss zu nehmen und die über den eigentlich Scope hinausgehende Lösung mitzudenken und mitzugestalten.

Das Team und seine Vision

Seit Januar 2023 gibt es die Disziplin „Transformationsmanagement“ im DigitalService. Rund ein Jahr später arbeiten mittlerweile elf Kolleg:innen hier in den Projekten – mit verschiedenen Aufgaben, je nach Umfeld und Fokus. Alle haben sie aber ein gemeinsames Ziel: Rahmen schaffen, in denen innerhalb der Projekte Informationen, Fachwissen und Feedback transparent ausgetauscht und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden können. Es geht um Kommunikation, Organisation und das Schaffen von Rahmenbedingungen. Ohne die Veränderungen, die für diese Arbeitsweisen notwendig sind, ist moderne Software-Entwicklung im Rahmen der Verwaltungsdigitalisierung nicht möglich.


Porträtfoto der Autorin Caroline Merz

Caroline Merz

arbeitet als Senior Transformation Managerin beim DigitalService seit Anfang 2022. Zuvor war sie für knapp fünf Jahre als Programmleiterin für Design-Thinking-Training beim Hasso-Plattner-Institut tätig. Sie ist ausgebildete Scrum-Masterin und begleitet Teams und Organisationen dabei, auf iterative und nutzerzentrierte Weise Projekte und Produkte umzusetzen. Caroline hat einen Hintergrund in Geisteswissenschaft, Verlagswesen und Marketing. Mit ihrer kleinen Tochter verbringt sie am liebsten Zeit beim Kindertanzen und auf den Spielplätzen Berlins.