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Zwei Personen mit Klebezetteln und Stiften in der Hand schauen auf einen großen Bildschirm, der verschiedene Layouts von Webseiten zeigt

Mit Design Verwaltung besser gestalten

Design wird in und von der deutschen Verwaltung oft noch missverstanden. Es ist nicht immer klar, was mit dem Begriff gemeint ist, was Design praktisch bedeutet und welchen Nutzen es hat.

Das ändert sich seit einigen Jahren und so gibt es heute Designer:innen nicht nur beim DigitalService und durch das Tech4Germany Fellowship-Programm auch temporär in Ministerien, sondern auch in deutschen Städten, bei öffentlichen Digital-Dienstleistern und bei der Bundesdruckerei. Dort arbeiten Designer:innen auf verschiedenen Komplexitätsebenen – von visueller Kommunikation über die Mensch-Maschine-Interaktionen bis zu systemischem Design von Organisationen und Anwendungen.

Mit nur wenigen Dutzend Designer:innen verteilt über alle Verwaltungsebenen liegt Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern stark zurück. In vielen europäischen Ländern arbeiten Hunderte Designer:innen angestellt in Ministerien und Behörden daran, Verwaltungsleistungen klarer, verständlicher und einfacher für alle zu machen. In einigen – wie Großbritannien – sind es gar mehrere Tausende mit stark ausdifferenzierten Rollenbildern.

Was Design beim DigitalService bedeutet und was unsere Designer:innen machen

Für die Bürger:innen ist das Interagieren mit Verwaltungsdienstleistungen selten mit Freude verbunden – egal wie gut sie gestaltet sind. Das Einreichen einer Steuererklärung, Beantragen eines Führungszeugnisses oder das Einsehen des Rentenbescheids kann jedoch durch klar erforschte Nutzerbedürfnisse und das Offenlegen aktueller Hürden digital so neu gedacht werden, dass der Ablauf bestmöglich reibungslos und dadurch zu einer Nebensächlichkeit wird. Hierbei spielt die Arbeit von Designer:innen eine zentrale Rolle.

Das Designteam beim DigitalService hat sich seit dem letzten Sommer verdoppelt und ist mittlerweile über ein Dutzend Personen stark. Auch künftig wird es weiter wachsen.

Alle Designer:innen arbeiten bei uns eingebettet in multidisziplinären Teams neben Produktmanager:innen, Software-Entwickler:innen und Kolleg:innen aus verschiedenen Fachabteilungen. Sie arbeiten wie alle beim DigitalService nutzerzentriert, iterativ und datenbasiert – sind aber oftmals am nächsten dran an den Nutzenden. Sie planen und führen Nutzerforschung und Nutzbarkeitsstudien durch, visualisieren Prozesse, reduzieren Komplexität und machen Kompliziertes verständlich.

Designer:innen entwickeln Prototypen für Produkte, Online-Anwendungen und Briefe oder gestalten Grafiken, um Menschen zu helfen, schneller, einfacher und besser an ihr Ziel zu gelangen. Zwei der Teammitglieder – AC und Charlotte – haben bereits hier im Blog Einblicke in ihre Arbeit gewährt.

Design im öffentlichen Sektor unterscheidet sich von der Arbeit an privatwirtschaftlichen und gewinnorientierten Angeboten. Das lässt sich an der Mission des DigitalService ablesen: „Wir schaffen digitale Anwendungen des Staates, die die Bedürfnisse der Bürger:innen in den Mittelpunkt stellen und besser für alle funktionieren“.

Wenn Angebote niemanden außen vor lassen sollen, bedarf es anderer Arbeitsweisen und veränderter Schwerpunkte in der Arbeit. Sprache muss zum Beispiel so vereinfacht werden, dass sie ebenso gut für Menschen funktioniert, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Im besten Fall ersetzt eine klare und einfache Sprache Behördensprache und macht die zwar rechtssicheren, aber eben auch oft schwer verständlichen, Formulierungen verständlich. Zudem können Abläufe verkürzt werden, indem frühzeitig im Dienst die persönlichen Umstände der antragstellenden Person abgefragt werden.

Eine Person zeigt mit dem Finger auf einen Bildschirm, der den Entwurf eines Online-Formulars mit mehreren Eingabefeldern und Knöpfen zeigt

Warum Design für Verwaltung und Verwaltungsdienst­leistungen anders ist

Da behördliche Dienstleistungen von allen Menschen im Land genutzt werden und keine Person aufgrund ihrer sensorischen, motorischen oder kognitiven Fähigkeiten benachteiligt werden darf, muss der Design- und Entwicklungsprozess dementsprechend gestaltet sein.

Es gilt, Produkte und Services barrierefrei und inklusiv für alle Nutzenden auszugestalten. Digitale Leistungen müssen für Technikenthusiast:innen ebenso so verständlich sein, wie für zurückhaltende Gelegenheitsnutzer:innen mit geringen digitalen Kompetenzen. Damit das gelingt, müssen sie in den Entwicklungsprozess früh und fortwährend eingebunden sein. Ein iterativer Prozess, bei dem stetig entwickelt, getestet und evaluiert wird, hilft sicherzustellen, dass eventuelle Defizite im Angebot schnell adressiert werden können.

Bei der Entwicklung des Steuerlotsen für Rente und Pension bedeutete inklusives Arbeiten, von Anfang an Rentner:innen einzubeziehen, die teils unsicher im Umgang mit digitalen Medien sind und Angst haben, etwas falsch zu machen. Feldstudien und anschließende Nutzbarkeitstests halfen, den Steuerlotsen schließlich so zu gestalten, dass er die Nutzer:innen begleitet, ermutigt und Informationen stets an der relevanten Stelle anbietet.

Barrierefreiheit für digitale Verwaltungsservices heißt nicht nur seit vielen Jahren gesetzlich festgeschriebene Verordnungen technisch zu erfüllen, sondern Verwaltungsdienste zu schaffen, die tatsächlich niemanden ausschließen. In Deutschland leben über 10 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung, Millionen weitere Menschen haben vorübergehende und situationsbedingte Beeinträchtigungen. Außerdem ist die Bandbreite von Behinderungen groß. So erfordert es, dass Designer:innen, Produktmanager:innen und Entwickler:innen von Anfang an sicherstellen, dass die technischen, strukturellen und planerischen Grundlagen gelegt werden.

Während wir keine explizit ausgebildeten Spezialist:innen für digitale Barrierefreiheit im Team haben, gibt es eine disziplinübergreifende Arbeitsgruppe, deren Wissen und Erfahrung mit jedem Projekt wächst. Vor der Veröffentlichung unserer letzten beiden Produkte führten wir Experten-Audits durch, um die Einhaltung der Verordnung für barrierefreie Informationstechnik zu überprüfen. Zudem schaffen wir derzeitig interne und extern unterstützte Trainingsangebote zu digitaler Barrierefreiheit und werden über unsere Arbeit in diesem Bereich in weiteren Blogposts berichten.

Eine Person mit langen Haaren schaut auf einen großen Bildschirm, der verkleinert eine Sequenz an Seiten eines Online-Verwaltungsservices zeigt

Wie unsere Designer:innen ihre Arbeit und Aufgabe sehen

Jeden Mittwoch, kurz nach Mittag, kommt das gesamte Designteam des DigitalService zusammen, um sich über allgemeine und spezielle Designthemen, Arbeitsstände, Herangehensweisen und Methoden auszutauschen.

Dabei haben wir auch einen Austausch darüber, was unsere Arbeit ausmacht:

Sophia Grote – Designerin

„An noch keinem anderen Ort habe ich eine so zentrale Motivation von allen Seiten wahrgenommen. Disziplinübergreifend steht im Fokus, Bürger:innen sowie die Verwaltung in den Mittelpunkt zu stellen. Das ermöglicht eine motivierte Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen, da alle eine übereinstimmende Grundeinstellung zur Entwicklung von Produkten mitbringen. Als Teil des DigitalService Designteams fühle ich mich angekommen an einem Ort, an dem ich meine erlernten Designkompetenzen zielgerichtet für etwas einsetzen kann, was meiner Vorstellung von sinnstiftender Arbeit entspricht.”

Carina Haumering – Designerin

„Fast jede:r hat eine Vorstellung davon, wie man online ein Zugticket bucht oder Kleidung kauft. Bei vielen Verwaltungsdienstleistungen ist dies (noch) nicht der Fall. Genau diese Offenheit liebe ich an meiner Arbeit als Designerin beim DigitalService. Wir überlegen, welche gelernten Standards sich auf die Verwaltung übertragen lassen und wo neue entwickelt werden müssen. So formen wir gemeinsam mit Entwickler:innen und Produktmanagerin:innen, was gute Anwendungen und Services in der Verwaltung ausmachen.“

Paul Pistorius – Designer

„Es ist einfach sehr motivierend, jeden Tag zu merken, dass ich beim DigitalService echte Probleme lösen kann. Und zusätzlich sind wir in einem für Designer:innen historischen Moment, denn der Staat tritt ja bisher kaum visuell in Erscheinung und beim DigitalService kann ich bei diesem Prozess mitwirken.“

Christin Glücks – Designerin

„Ich arbeite in einem wirklich motivierten Team, welches immer darauf bedacht ist, die smarteste Lösung für ein Problem zu finden und stetig hinterfragt, was wir verbessern können. Das ist ein großes Glück – denn es treibt alle an, im Sinne unserer Nutzenden die besten und sinnvollsten Produkte zu entwickeln.“

Daphne Braun – Designerin

„Ich erfahre beim DigitalService eine hohe Sensibilität und ein großes Verantwortungsbewusstsein für den Einfluss von Design. Gestaltet wird immer mit einem Verständnis für den Kontext – also die Platzierung der Produkte in einer diversen Gesellschaft. Dabei wird in den Vordergrund gestellt, dass alle Nutzenden teilhaben können. Mir selbst liegt diese Herangehensweise am Herzen und ich kannte sie aus meinen bisherigen Jobs eher nicht. Es ist schön, dass ich nun meine Expertise zu gerechterem und inklusiverem Design, die über das reine Layouten und Illustrieren hinausgeht, hier anwenden kann!“

Design in der Verwaltung sichtbarer machen

Design als Themen- und Betätigungsfeld in der deutschen Verwaltung wächst und damit auch das Verständnis von Design. Das Designteam des DigitalService wird versuchen, dazu verstärkt in den kommenden Monaten einen Beitrag zu leisten.

Wie unsere CEO Christina kürzlich schrieb, „teilen wir unsere Arbeit öffentlich und transparent“ und verstehen unsere „Arbeitsergebnisse als öffentliche Güter“. So planen wir eine Reihe von Blogposts, die einen Einblick in die Arbeit unserer Designer:innen geben, werden auf Konferenzen und Meetups sprechen und auf anderen öffentlichen Veranstaltungsformaten den Austausch suchen.

Sollte es jetzt bereits Fragen geben, freuen wir uns auf einen Austausch auf Twitter und auf LinkedIn.

Unser Designteam wächst weiter. Wir suchen eine:n Senior UX/UI Designer:in mit etwas Arbeitserfahrung und Interesse an Design von Verwaltungsservices, die für alle funktionieren.


Martin Jordan - Head of Design beim DigitalService

Martin Jordan

Martin arbeitet als Head of Design beim DigitalService. Zuvor war er für über 6 Jahre als Head of Service Design im Cabinet Office in London tätig. Dort trieb er beim Government Digital Service die digitale Transformation der britischen Verwaltung und ihrer Verwaltungsdienstleistungen voran. Privat begeistert ihn Porridge. Sein Ziel: irgendwann mal bei der Porridge-Weltmeisterschaft teilzunehmen und den Golden Spurtle, den schottischen Rührlöffel, zu gewinnen.


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