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Joshua sitzt in einem modernen Büroraum, spricht und gestikuliert mit der Hand.

Auf eine Tasse Kaffee mit … Joshua, Senior Strategic Knowledge Manager beim DigitalService

Joshua erklärt im Interview, was es heißt, an der Schnittstelle zwischen Strategie, Umsetzung und Kommunikation zu arbeiten – und dabei Handlungsempfehlungen für die Digitalisierung der Verwaltung zu entwickeln.

Mit meiner Arbeit trage ich dazu bei, unsere übergreifenden Umsetzungs­erkenntnisse für politische Entscheidungsträger:innen nutzbarer zu machen.

Du bist Senior Strategic Knowledge Manager beim DigitalService. Was kann man sich darunter vorstellen?

Mit dieser Rolle wollen wir die Positionierung des DigitalService stärken und die strukturel­len Rahmenbedingungen der Verwaltungsdigitalisierung verbessern. Im klassischen Knowledge-Management (Anmerkung der Redaktion: Wissensmanagement) schaut man sich vor allem die strukturierte Weitergabe von Wissen innerhalb einer Organisation an. Strategisches Wissensmanagement definieren wir hier im Gegensatz dazu einerseits als Disziplin, die externes Wissen von politischen und umsetzenden Akteur:innen aufgreift. In diesem Umfeld recherchiere und analysiere ich, was an Erkenntnissen existiert – mit dem Ziel, damit die Entwicklung unserer Strategie und Projektarbeit zu unterstützen.

Andererseits geht es darum, unser internes praktisches Wissen extern nutzbar zu machen und daraus Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger:innen oder für andere Akteur:innen in unserem Ökosystem zu formulieren. Denn auch das ist Teil unseres Auftrags im DigitalService: einen Beitrag dazu leisten, dass sich nicht nur im Rahmen unserer Projekte, sondern auch grundlegend die Strukturen der Verwaltungsdigitalisierung verändern.

Könnte man da sagen, Du bist Impulsgeber, sowohl intern als auch extern?

Ja, ich bemühe mich – allerdings mache ich das natürlich nicht alleine. Gerade um die ver­gangene Bundestagswahl herum haben wir ein kleines Team aufgebaut. Dieses hat die Erkenntnisse gesammelt, die wir in den letzten fünf Jahren gemacht haben, und analysiert, was dieses Wissen für unsere Projekte und die übergreifenden Rahmen­bedingungen der Verwaltungsdigitalisierung bedeutet. In der Zeit vor und nach der Wahl haben wir damit eine ganze Menge neuer Erfahrungen gesammelt, die uns nach wie vor zeigen, wo und wie wir Impulse setzen können.

Das war sicher eine sehr intensive Zeit – was war besonders wichtig, was hast Du mitgenommen?

Dass wir vor wahnsinnig vielen Themen stehen, die noch beantwortet werden müssen. Es geht um organisatorische, technische, finanzielle, und kulturelle Fragen, um Aufgaben und Verantwortlichkeiten in der Verwaltungsdigitalisierung – aber auch um Fragen der Zusammen­arbeit. Wir als DigitalService haben auf all diesen Ebenen Erfahrungen gesammelt und müssen jetzt versuchen, diese nutzbar zu machen: für uns und für andere.

Ist dieses Sammeln und gezielte Aufarbeiten auch mit das Besondere an Deiner Rolle?

Ja, denn ich glaube, diese Rolle existierte im Ökosystem des DigitalService lange nicht. Natürlich gibt es viele Akteure, wie Thinktanks und Netzwerke, die im Kontext von wissenschaftlicher Arbeit Studien durchführen und Paper schreiben. Was wir anders machen, ist, dass wir aus der konkreten Erfahrung als Umsetzungsakteur sprechen. Das heißt: Die Antworten, die wir geben, sind weniger theoretisch und dafür praxisnäher. Damit erweitern wir den Kanon an Stimmen, die Veränderungen fordern, um nutzbare Handlungsempfehlungen.

Was die Rolle für mich besonders macht, ist, an der Schnittstelle zwischen Umsetzung, Kommunikation und Strategie zu arbeiten. Hier trage ich dazu bei, unsere übergreifenden Umsetzungserkenntnisse für politische Entscheidungsträger:innen nutzbarer zu machen. Also die notwendigen Veränderungsmechanismen zu formalisieren und zu versuchen, ihr Potenzial expliziter zu machen. Beispielsweise indem ich oder meine Kolleg:innen dazu in Blogbeiträgen, Whitepapern, Präsentationen oder Gesprächen kommunizieren. Dabei entwickle ich keine theoretischen Abhandlungen, sondern gehe von unseren praktischen Erkenntnissen aus.

Johsua sitzt in einem modernen Büroraum, gestikuliert mit den Händen und spricht. Auf seinen Beinen steht ein Laptop mit angeklappten Bildschirm, im Hintergrund fällt Licht durch ein Fenster.

Wenn wir jetzt über nutzbare Handlungsempfehlungen sprechen, woran arbeitest Du gerade konkret?

Momentan ist es zum Beispiel das Thema Wirkungsmessung. Denn auf politischer und operativer Ebene erleben wir immer wieder die Formulierung von Zielen, die dann eins nach dem anderen nicht erreicht werden. Einer der Gründe – so unsere Hypothese – ist, dass wir uns immer noch an langen Maßnahmenpaketen abarbeiten und damit beschäf­tigt sind, zu sagen, was getan werden muss. Was uns allerdings fehlt, ist eine Art und Weise, gute Ziele zu setzen – und zu fragen: „Warum?“. Das ist etwas, das wir auf der großen politischen Ebene erleben, aber auch im kleinen Projektkontext. Es werden eher Maßnahmen und Unteraufgaben formuliert, als dass wir uns anschauen: „Was wollen wir damit erreichen?“ und „Wie messen wir, ob wir das erreicht haben?“.

In unseren Projekten schaue ich mir genau das an, also „Wie setzen unsere Projekte Ziele?“ und „Wie wird in den Projekten Wirkung erfasst?“. Das haben wir in diesem Jahr ganz konkret in einer Fallstudie durchgespielt – und gezeigt, dass Wirkung auch die Senkung von Erfüllungsaufwänden, also Kosten, sein kann. Dadurch, dass wir Prozesse gut digital transformieren, sinken die Arbeitsaufwände in der Verwaltung – das können wir schätzen und berechnen. Mit diesem Vorgehen wollen wir also deutlich machen, dass es sinnvoll ist, zu messen und Projekte daran auszurichten – aber auch, dass wir bei der Wirkungsmessung vor großen Herausforderungen stehen, wenn es beispielsweise darum geht, die notwendigen Messdaten zu erheben.

Im Rahmen dieses Themas hast Du auch einen Blogbeitrag geschrieben – zur Digitalrendite. Wie gehört das in den Bereich der Wirkmessung?

Die Digitalrendite beschäftigt sich nicht nur mit Effizienzgewinnen oder mit der Senkung von Erfüllungsaufwand. Vielmehr geht es um die Einführung des Begriffes, um insgesamt zu beschreiben, welcher öffentliche Mehrwert durch Investitionen in die digitale Trans­for­ma­tion entsteht. Einerseits hat das eine interne organisatorische Dimension. Wir sprechen aber auch davon, dass es mittel- und langfristige Wirkungen gibt, die Bürger:innen oder Unternehmen betreffen. Also was sich in deren Erfahrung mit dem Staat oder der Ver­wal­tung – und ganz konkret dem Leben der Menschen – verbessert. Gesamt­gesell­schaft­lich geht der Blick auf die Stärkung der Demokratie beziehungsweise auf die Stärkung des Vertrauens von Menschen in den Staat.

Das sind sehr viele komplexe Themen, die Du bearbeitest. Wie würdest Du Deinen Beruf einem fünfjährigen Kind erklären?

Ich habe das tatsächlich nicht einem fünfjährigen Kind, sondern meiner Großmutter einmal so erklärt: Stellen wir uns den Staat oder das Ökosystem der Verwaltungsdigita­lisierung, in dem wir uns befinden, als Küche vor. In dieser kochen viele ver­schie­de­ne Köch:innen unterschiedliche Gerichte – mal allein, mal zusammen. Ein riesiges Durch­ei­nander, denn alle sind damit beschäftigt, ihre Gerichte zu kochen. Dazu kommt: Die Gäste haben Hunger.

Meine Aufgabe ist es, in diesem Durcheinander zu schauen, was es für Gemeinsamkeiten gibt, welche Zutaten benutzt werden, welche fehlen – und nach welchen Rezepten eigentlich gekocht wird. Die Antworten auf diese Fragen schreibe ich auf, verteile sie an alle – und wenn ich meine Arbeit gut mache, sind am Ende alle Gerichte lecker und passen gut zusammen. Es bleiben weniger Zutaten übrig, die Küche verbraucht weniger Energie und die Gäste sind satt und zufrieden.

Eine wunderbare kulinarische Erklärung. Nun bist Du nicht immer beim DigitalService gewesen. Was hast Du davor gemacht – und was hat Dich hierhergebracht?

Das stimmt, ich war nicht immer hier – aber ein Großteil meines Werdegangs hat sich irgendwie im und entlang des DigitalService abgespielt. Ursprünglich habe ich Interfacedesign studiert, also die Gestaltung der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Danach habe ich in verschiedenen akademischen Kontexten als Interface Designer gearbeitet – unter anderem in Berlin und Hamburg, aber auch am MIT in Massachusetts. Irgendwann habe ich meine Lebensrealität weniger in der akademischen Arbeit gesehen und einen 180-Grad-Schwenk in die Privatwirtschaft gemacht. Nach einer längeren Station in einer Großbank, habe ich mich dann gefragt, welche Möglichkeiten ich als Designer eigentlich noch habe, um Dienste zu entwickeln, die Bedürfnisse von Nutzer:innen stärker in den Vordergrund stellen. Da habe ich dann in einem alten E-Mail-Verteiler von meiner Hochschule einen Aufruf von Martin Jordan gelesen – zur Unterstützung für das Public Service Lab. Dass Menschen als Designer:innen für den Staat arbeiten und dort versuchen, Dinge zu verändern, zu digitalisieren und zu verbessern, fand ich unglaublich inspirierend.

Weil ich darüber so begeistert gesprochen habe, hat mich irgendwann ein ehemaliger Kommilitone auf das Fellowship-Programm Tech4Germany aufmerksam gemacht und ich habe mich beworben. Das hat geklappt und ich war 2019 Fellow bei Tech4Germany. Da­rüber habe ich wertvolle Kontakte geknüpft – unter anderem zum CityLab Berlin, wo ich dann zwei Jahre lang als Service Designer gearbeitet habe. Während der Pandemie konnte ich dort zusammen mit Politics for Tomorrow das Methodenhandbuch „Öffentliches Gestalten“ schreiben – in dem wir versucht haben, unsere Ideen von einer gerechten und bürger:innenzentrierten Gestaltung für den öffentlichen Sektor zu formalisieren. Denn anders als in der Privatwirtschaft geht es hier um eine vielfältigere Nutzendengruppe – und um öffentlichen Mehrwert statt Profit.

Inwiefern sind das auch Erfahrungen, die Du beim DigitalService einbringen konntest?

Zunächst bin ich vom CityLab zu Tech4Germany zurückgekommen. Dieses Mal allerdings nicht als Fellow, sondern als Programmleitung. Dort konnte ich die alternativen Ge­stal­tungs­an­sätze anwenden und ausprobieren. Nach zwei Jahren bin ich wieder gegangen, weil ich gemerkt habe, dass ich einen Moment brauche, um zu reflektieren. Darüber, was eigentlich die nächsten Hebel sind, die wir unbedingt in Bewegung setzen müssen, um öffentlichen Mehrwert zu generieren und unsere Ansätze stärker zu skalieren. Außerdem hatte ich Lust, mich dieser Frage aus einer Forschungsperspektive heraus zu widmen. Also bin ich nach Schottland gegangen und habe am Edinburgh Futures Institute Service Management und Design studiert. Dabei habe ich mich sehr viel damit beschäftigt, was im angelsächsischen Raum an Forschung existiert – insbesondere zu Transformation im öffentlichen Sektor und Public Value Creation. Dann bin ich zurückgekommen, mit meinem Master of Science im Gepäck, und habe angefangen, mich wieder zu bewerben. Beim DigitalService gab es dann die Möglichkeit für eine Rolle, die sich explizit Zeit nimmt, um zu verstehen, was organisations- und projektübergreifend notwendig ist, damit wir besser und schneller vorankommen. Und das ist es, was ich jetzt hier mache.

Damit hast Du den DigitalService sozusagen in mehreren Etappen und Perspektiven mitbekommen – was macht für Dich unsere Arbeitsweise aus?

Ich finde, dass im Kern von dem, was wir machen, immer eine Form der Evidenz­basiert­heit steht. Wir schauen uns an, inwiefern das, was wir tun, auf Erfahrungen, Daten und auf Wissen beruht. Wir gehen schrittweise vor und prüfen, ob etwas funktioniert. Von da aus machen wir weiter. Dass es meine Rolle gibt, bedeutet auch genau das: Wir nutzen unsere Ressourcen, um Evidenzen zu sammeln – für notwendige strukturelle Veränderungen in unserer Arbeit und in unserem Ökosystem.

Evidenz sammeln und Schritte machen – das bedeutet auch, auf Ratschläge zu hören. Fällt Dir ein guter Ratschlag ein, den Du einmal bekommen, oder selbst gegeben hast?

Ja, auch hier beim DigitalService von einer ehemaligen Vorgesetzten. Beim DigitalService sind wir total tief drin in so einem Umsetzungsmodus – wir sind richtig viel im Maschinen­raum unterwegs. Das ist sehr schnell und intensiv. Sie hat mich daran erinnert, dass wir nicht am offenen Herzen operieren, sondern in längeren Zyklen unterwegs sind, die Ruhe brauchen. Das passt zu einem anderen Ratschlag, der aus dem angelsächsischen Raum kommt: Die Transformationsarbeit, die wir machen, ist kein Sprint, sondern ein Staffel­marathon. Einerseits brauchen wir Ausdauer – wir müssen unsere Ressourcen gut über die vielen Aufgaben verteilen, die wir vor uns haben. Andererseits finde ich die Idee von einem Staffellauf auch lehrreich, weil sie bedeutet, dass wir uns auch untereinander immer wieder Aufgaben und Herausforderungen aufteilen.

Gab es eine Sache, auf die Du in letzter Zeit besonders stolz gewesen bist?

Hier komme ich wieder auf die Wahlphase zurück. In dieser haben wir in einem kleinen Team, in kürzester Zeit extrem viel Output generiert. Einerseits haben wir sehr viel über politische Prozesse gelernt – und welche Rolle der DigitalService darin spielt. Bei­spiels­wei­se welche Inhalte gut funktionieren und wie wir sie am besten kommunizieren. Diese Lernkurve war gewissermaßen krass und unglaublich spannend. Das ist, glaube ich, etwas, worauf wir im Team und auch als DigitalService stolz sein können. Vor allem in Anbetracht der Zeit. Ich glaube, zwei Tage nachdem ich angefangen habe, hat sich die Ampelregierung aufgelöst – und wir mussten schauen, dass wir unsere Erkenntnisse der letzten fünf Jahre kondensieren und auch für Außenstehende verständlich und attraktiv machen.

Joshua sitzt in einem modernen Büroraum und lächelt die interviewende Person an. Diese ist undeutlich im Vordergrund zu erkennen. Im Hintergrund fällt Licht durch ein Fenster.

Nun, das Leben besteht nicht nur aus Arbeit – was machst Du in Deiner Freizeit?

Meine Küchenanalogie kommt nicht von ungefähr. Ich koche leidenschaftlich gerne. Das liegt ein wenig in der Familie – wir kochen gerne ausgiebig und für viele. Ich koche zum Beispiel gerne mexikanisch und kann für gute Zutaten und Unterstützung den Laden La Tiendita, um die Ecke von unserem Büro, empfehlen.

Was würdest Du jemandem empfehlen, der sich beim DigitalService bewirbt?

Man muss auf alle Fälle eine ganze Menge Eigeninteresse mitbringen, weil man sich sonst die Zähne an all den Herausforderungen ausbeißt, die vor uns stehen – und auch an der langsamen Geschwindigkeit, mit der sich Dinge verändern. Außerdem organisieren und arbeiten wir sehr selbstständig. Es gibt also eine große Freiheit, eigene Themen zu setzen und Initiativen einzubringen. Das heißt aber auch, dass sich morgens niemand mit uns hinsetzt und detaillierte Aufgabenabläufe bespricht. Dadurch trägt jede:r eine ganze Menge an Verantwortung, die wir aber gleichzeitig gut miteinander teilen. Ich glaube, gesamtorganisatorisch führt das dazu, dass wir Herausforderungen sowie Probleme extrem vielfältig beantworten können.

Dann kommen wir jetzt zur letzten Frage: Wenn der DigitalService ein Tier wäre, welches Tier wäre es und warum?

Eine Biene. Einmal, weil hier alle, genau wie Bienen, sehr fleißig und ständig unterwegs sind – und sehr gut im Schwarm funktionieren. Mit unseren Projekten und unserer Erfahrung bestäuben wir dabei quasi die Pflanzen im Ökosystem, und kümmern uns darum, dass daraus leckere Früchte entstehen.

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