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Leonie sitzt in einem modernen Büroraum an einem Schreibtisch. Vor ihr sitzt die Interviewerin; ein Handy und ein geöffneter Laptop liegen auf dem Tisch. Im Hintergrund scheint Licht durch eine Fensterfront.

Auf eine Tasse Kaffee mit … Leonie, Senior Software Engineer beim DigitalService

Leonie ist studierte Kommunikationsdesignerin – heute entwickelt sie Software beim DigitalService. Was sie dabei besonders schätzt: das interdisziplinäre Arbeiten. Warum Generalist:innen bei uns genau richtig sind und welche Fähigkeiten man mitbringen sollte, wenn man gemeinsam ein digitales Haus baut, erzählt sie bei einer Tasse Kaffee.

Um bestehende Lücken zu schließen und zukünftige zu verhindern, braucht es vor allem eins: mehr Frauen in Tech, die sichtbar sind, es drauf haben – und andere inspirieren können.

Was hast Du ursprünglich gelernt und was wolltest Du als Kind werden?

Ich wollte gefühlt schon alles mal werden – ich interessiere mich einfach ständig für Neues. Dass ich schließlich Informatik studiert habe, würden meine Schulfreund:innen vermutlich nicht glauben. Aber genau das zeigt mir immer wieder, wie wichtig der Kontext für die Entwicklung eigener Interessen ist: Mathe beispielsweise wurde erst spannend, als ich verstand, wofür man es eigentlich braucht.

Worüber ich mich aber am meisten heute freue – und das hätte ich früher nie gedacht –, ist meine Ausbildung zur Mediengestalterin. Ich bin ein eher praktisch als akademisch veranlagter Mensch und lerne durch Ausprobieren einfach schneller. Davor hatte ich Kommunikations­design studiert, weil ich das Zeichnen sehr geliebt habe und eher kreativ bin.

Nach Studium und Ausbildung habe ich anschließend als Webdesignerin in einer Agentur gearbeitet – teils auch freiberuflich und zwischendurch in der Gastronomie. Rückblickend bin ich froh, dass ich so früh ins Arbeitsleben gestartet bin und viele Erfahrungen sammeln konnte.

Als Designerin bin ich irgendwann an Grenzen gestoßen: Ich habe oft nicht einschätzen können, wie technisch aufwendig eine Designentscheidung ist – das hat zu vielen Schlei­fen im Entwicklungsprozess geführt. Deshalb habe ich beschlossen, das Pferd von hinten aufzuzäumen und noch ein Informatikstudium dranzuhängen.

Was sich durch alles zieht: Ich liebe es, Dinge zu bauen. Ob ich nun Pixel in einem Design verschiebe oder Features in Code umsetze – ich mag die Ordnung, die Logik und die Struk­tu­ren dahinter.

Wie bist Du eigentlich zum DigitalService gekommen? Und was arbeitest Du hier genau und in welchem Projekt?

Nach meinem ersten Job bin ich erst einmal gereist. Über eine Freundin habe ich dabei vom DigitalService erfahren. Ich habe mich dann direkt von unterwegs beworben – ein sehr abenteuerlicher Moment: Ich war mitten im Dschungel, mit wenig Internet – und mit ganz viel Glück – gelegentlich auch mal mit Zugang zu einem alten Computer.

Aber es hat geklappt. Seit drei Jahren arbeite ich als Software Engineer bei NeuRIS – dem größten Projekt des DigitalService. Dabei handelt es sich um ein sehr umfangreiches Rechts­in­for­ma­tions­por­tal, in dem wir kontinuierlich neue Features entwickeln.

Wie kam es, dass Du Dich für unsere Organisation entschieden hast?

Was mich damals angesprochen, aber auch erst mal verwirrt hat: Ein vermeintlich ver­staub­tes Thema wie die Digitalisierung der Bundesverwaltung trifft auf ein junges, dy­na­misch­es Start-up mitten in Kreuzberg. Kreative Köpfe mit geballtem Know-how und mit ganz unterschiedlichen beruflichen Hintergründen – viele aus der Tech-Industrie – bringen ihre Expertise in die Verwaltung ein und übernehmen dort echte Schnitt­stel­len­arbeit.

Gemeinsam mit den Mitarbeitenden in den Ministerien verbessern wir Schritt für Schritt verschiedenste Arbeitsprozesse. Wir entwickeln dabei nicht „nur“ Software, sondern schaf­fen auch nachhaltige Strukturen.

Weil wir das immer gern fragen: Wie würdest Du einem fünfjährigen Kind Deinen Job erklären?

Ich baue mit an einem Haus. Das Haus hat eine Fassade – die sehen auch die Leute, die es benutzen. Aber es gibt auch viele unsichtbare Dinge: etwa Stromleitungen und die Wasserversorgung. All das, was man im Alltag gar nicht bemerkt. Unser Team kümmert sich um beides – die Fassade, also das „Frontend“, und das, was dahinter steckt: das „Backend“.

Wir sind Generalist:innen – jede:r hat zwar einen Sweet Spot, aber wir sind alle glei­cher­maßen für das Haus zuständig. Ich male zum Beispiel besonders gern die Fassade an, kann aber auch jederzeit eine Wasserleitung reparieren.

Leonie sitzt an einem Schreibtisch in einem modernen Büro spricht und gestikuliert mit den Händen. Auf dem Schreibtisch stehen zwei geöffnete Laptops; im Hintegrund stehen Pflanzen; durch ein Fenster fällt Licht.

Das ist ein schönes Bild. Was zeichnet Eure Arbeit in der Software-Entwicklung beim DigitalService aus? Was macht Ihr vielleicht anders als andere?

Ich weiß nicht, ob wir alles grundsätzlich anders machen – aber was uns besonders auszeichnet, ist die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Schon sehr früh im Projekt set­zen wir uns im kleinen Team zusammen – mit Kolleg:innen aus den Bereichen Produkt, Design und Software-Entwicklung – um Anforderungen zu besprechen und mögliche Unklarheiten direkt anzugehen.

Außerdem arbeiten wir in der Entwicklung sehr viel im Pairing. Das heißt: Zwei Leute setzen sich gemeinsam an ein Problem und diskutieren Lösungen. Gerade bei komplexen Themen hilft das enorm, um Dinge zu strukturieren und gemeinsam weiterzukommen.

Dazu kommt, dass wir extrem viele Freiheiten haben und selbstständig arbeiten. Als Ent­wick­le­rin bin ich zum Beispiel oft bei der Discovery dabei – also wenn wir Konzepte gemeinsam mit den Nutzenden anschauen. Wir bekommen nicht einfach Tickets zum Abarbeiten, sondern sind früh in die Entwicklung eingebunden. Das ist schon besonders, dass man so früh eingebunden wird und viel gemeinsam lernt.

Genau, wir verstehen uns ja als lernende Organisation. Was hast Du selbst hier gelernt bzw. was kannst Du weiter geben?

Was beim DigitalService wirklich schön ist, ist die offene Fehlerkultur. Durch unsere nutz­er­zen­trier­te und vor allem iterative Arbeitsweise wird es ganz natürlich, auch mal etwas auszuprobieren – und dabei Fehler zu machen. Wichtig für eine lernende Or­ga­ni­sa­tion ist zudem bedingungslose Transparenz: Probleme im Projekt oder im Unternehmen offen anzusprechen, schafft Vertrauen.

Die beiden Werte „dare to learn“ und „open by default“ machen es einem leicht, auch über Fehler zu sprechen. Ich würde zum Beispiel niemals denken, dass dadurch in mei­nem Team eine schlechte Stimmung entsteht. Ganz im Gegenteil: Es ist eher cool, dass jemand etwas ausprobiert. Wenn das dann nicht klappt, entsteht durch die Reflexion Wissen darüber, was in welchem Kontext funktioniert – und was nicht. Das ist etwas Gutes.

Gibt es etwas, was Du neu gelernt hast?

Was beim DigitalService wirklich neu für mich war: dass man theoretisch auf ver­schie­den­en Projekten arbeiten kann. Es kann sein, dass ich morgen einen ganz anderen Tech-Stack oder eine ganz andere Programmiersprache benutzen muss. Hier gibt es eher Generalist:innen als Spezialist:innen. Das habe ich in vorherigen Unternehmen anders erlebt – dort gab es feste Rollen, z. B. als Frontend-Entwickler:in.

Wie bei meinem Beispiel mit dem Haus: Ich gestalte am liebsten die Fassade, könnte aber überall einspringen. Man lernt beim DigitalService ständig dazu, erweitert sein eigenes Spektrum und arbeitet eng mit anderen Disziplinen zusammen. Dadurch bekommt man, glaube ich, einen enormen Weitblick.

Und warst Du auf etwas besonders stolz in den vergangenen Wochen und Monaten?

Im Projekt NeuRIS ist uns noch einmal besonders aufgefallen, wie sehr manche Nutz­en­den an ihrer bisherigen Oberfläche hängen – einfach, weil „das schon immer so war“. Unsere Mission ist es, diese Strukturen aufzubrechen und zu schauen: Welche Be­dürf­nis­se habt ihr und was benötigt ihr, um schneller und effektiver zu arbeiten?

Worauf ich am meisten stolz bin: Bei NeuRIS sind wir derzeit mit mehreren Bun­des­ge­rich­ten im Pilotbetrieb. Dokumente werden dort parallel über das alte und unser neues Sys­tem genutzt. Und obwohl noch nicht alles fertig ist, gibt es schon Bereiche, in denen nur unser neues System benutzt wird. Nutzende, die davor so sehr an ihrer alten Be­nutz­er­oberfläche hingen, sagen nun: Das ist eine ganz neue Struktur – und es geht einfach schneller damit.

Was würdest Du jemandem mitgeben, der sich beim DigitalService für die Software-Entwicklung bewirbt?

Hier sitzt niemand still in seinem Spezialist:innen-Kämmerlein. Man sollte offen und flexibel sein. Es kann etwa ein Projekt kommen, indem man nur Discovery macht – oder indem kein Code geschrieben wird, weil eher viel im Team geplant werden muss.

Dieses „Ich mache jetzt mein Leben lang Frontend“ – das ist hier nicht der Fall.

Es gibt auch bei uns aktuell zu wenig Entwicklerinnen und wir möchten gern mehr einstellen. Wie schätzt Du den DigitalService aus dieser Perspektive ein?

Was ich am DigitalService besonders schätze: Die Vereinbarkeit von Karriere mit Familie oder einer gesunden Work-Life-Balance wird nicht nur theoretisch diskutiert, sondern tatsächlich gelebt. Es ist leider immer noch nicht die Norm, dass man in einem Umfeld arbeitet, in dem Führungskräfte aktiv vorleben, dass das möglich ist – und genau das motiviert mich sehr.

Der DigitalService engagiert sich zum Beispiel beim Girls’Day oder bei Frauen-Meetups, um Mädchen und junge Frauen frühzeitig für die Tech-Branche zu begeistern – und somit unbewusste oder strukturell bedingte Hürden so früh wie möglich aufzubrechen. Um bestehende Lücken zu schließen und zukünftige zu verhindern, braucht es vor allem eins: mehr Frauen in Tech, die sichtbar sind, es drauf haben – und andere inspirieren können.

Leonie sitzt an einem Schreibtisch und schaut lächelnd in die Kamera.

Was interessiert Dich außerhalb der Arbeit?

Ich habe generell immer zu viele Projekte und zu viele angefangene Sachen herumliegen. Aber wie bereits gesagt: Ich liebe es, Dinge zu bauen und mir zu überlegen, wie etwas gut zusammenpasst. Das zieht sich durch – von meinem Job bis ins Private – beispielsweise beim Bauen von Möbeln. Hier waren es zuletzt Sideboards, mein nächstes Projekt ist dann die Küche! Ein Traum wäre also eine eigene Werkstatt, da die Berliner Wohnung irgendwann an ihre Grenzen kommt.

Und die berühmte Schlussfrage: Wenn der DigitalService ein Tier wäre, welches und warum?

Da muss ich kurz überlegen. Die Arbeitskultur beim DigitalService erinnert mich an die Situation in der Schule nach einer Klausur: Es gab immer ein paar Leute, die sehr gut waren – aber das nie raushängen ließen. Deswegen müsste es ein kluges, bescheidenes Tier sein. Der Klassiker ist natürlich die Eule. Die haben wir bei uns im Pilotbetrieb jetzt auch als Spirit Animal.

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