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Interviewpartnerin Jutta im Gespräch mit einer Kollegin im Büro des DigitalService

Auf eine Tasse Kaffee mit ... Jutta, Head of Transformation beim DigitalService

Aus der Elternzeit in eine Führungsposition: Seit Mai 2023 ist Jutta Head of Transforma­tion des DigitalService. Die promovierte Literaturwissenschaftlerin erklärt bei einer Tasse Kaffee mit unserem Communications Team, warum das gut funktioniert. Beruflich ist Jutta dabei, „die Schönheit der Verwaltung“ besser kennenzulernen.

Lässt sich die Position als Führungskraft mit Teilzeit oder Elternzeit vereinen? Beim DigitalService ganz klar: ja!

Was wolltest Du als Kind werden?

Was ich als Kind werden wollte, was ich studiert habe und was ich jetzt mache, sind drei komplett verschiedene Themenfelder. Als Kind wollte ich Kinderärztin werden oder Astronautin. Dann bin ich umgeschwenkt und wollte Literaturwissenschaftlerin werden. Mein Ziel war es, an der Uni als Literaturprofessorin zu arbeiten. Studiert und promoviert habe ich schließlich in Komparatistik, also Vergleichende Literaturwissenschaften.

Wie kamst Du dann von den Literaturwissenschaften in die IT-Branche?

Auch das verrät ein Blick in meine Promotion. Da beschäftige ich mich mit Lord Byron, einem der herausragendsten britischen Schriftsteller der Romantik. Seine Ehefrau hatte der gemeinsamen Tochter gesagt: „Du machst nichts mit Literatur, du machst Mathe und Naturwissenschaften“, weil sie und Lord Byron nicht glücklich miteinander waren. Und ihre Tochter, das war Ada Lovelace. Sie ist Entwickler:innen bekannt als die erste Person, die Code geschrieben hat, also mathematische Ausdrücke dafür, was eine Maschine tun kann.

Ich habe nach der Promotion geschaut, wie es beruflich weitergehen kann, wenn es nicht mit einer Literaturprofessur klappt. Das Themenfeld IT hat mich privat interessiert und ich war am Lehrstuhl diejenige, die sich damit etwas auskannte. Schließlich habe ich mich dazu entschlossen, den Quereinstieg auszuprobieren und habe ein Praktikum angefangen in einer IT-Firma – ich war also eine Praktikantin mit Doktortitel. Ich wollte herausfinden, wo die Anknüpfungspunkte sind: Wo kann ich das, was ich bisher gelernt habe – meine generell übertragbaren Fähigkeiten und mein Wissen – einbringen?

Als was hast Du dann offiziell angefangen zu arbeiten?

Nach zwei Wochen hat mir die Firma, die Individualsoftware für den Mittelstand und auch Konzerne baut, einen Job als Software-Testerin angeboten und das hat mich sehr gefreut. Es war kein Produkthaus, sondern ein Dienstleister mit einem sehr hohen Anspruch, was die Mitgestaltung anbelangt. Das war ähnlich wie beim DigitalService: Wir haben uns immer als Partner unserer Kunden verstanden.

Wie kam es dann zu dem Wechsel? Und seit wann bist Du jetzt beim DigitalService?

Beim DigitalService hat eine ehemalige Kollegin gearbeitet und meinte zu mir, dass die Organisation „total cool“ ist und ich mit meinen Erfahrungen gut reinpassen könnte. Irgendwann war die Zeit reif und im Juni 2022 habe ich hier angefangen.

Hast Du Dich initiativ oder auf eine konkrete Stelle beworben?

Beworben habe ich mich auf die Position als Senior Product Managerin. In den Gesprächen haben wir gemerkt, dass eine Stelle als Senior Transformation Managerin noch besser auf mich passt: In dieser Position haben sowohl der DigitalService als auch ich meine Stärken wiedergefunden. Gemeinsam im Bewerbungsprozess zu überlegen, wie die Rolle genau aussehen soll – das war cool!

Interviewpartnerin Jutta im Gespräch mit einer Kollegin im Büro des DigitalService

Die Transformations-Einheit gibt es noch nicht so lange im DigitalService: Hast Du in der alten Firma schon ähnliche Sachen gemacht und Dich mit diesem Wissen hier eingebracht?

Ich habe mich dem Bereich „Transformation“ immer mehr genähert: Ich habe als Testerin angefangen, dann aber schnell in einen Beratungsbereich gewechselt und mich auf IT-Projektmanagement und Agiles Projektmanagement spezialisiert. Es war Teil meiner Aufgabe, gemeinsam mit unseren Projektpartnern die richtigen Konditionen zu schaffen, damit wir gut zusammenarbeiten und die Digitalisierungsprojekte umsetzen konnten. Die Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe, zahlen sehr viel ein auf das, was wir hier beim DigitalService unter Transformation verstehen. Später hatte ich auch dort einen eigenen Bereich gegründet und an einem Ausbildungsprogramm für Führungskräfte teilge­nom­men.

Ich war zudem Beauftragte für Qualitätsmanagement im Unternehmen und habe mich viel mit Projekt-Audits befasst: Was macht ein gutes Projekt aus? Wie können wir Projekten helfen, wenn es nicht so gut vorangeht? Woran liegt das? Wie können wir eine Umgebung schaffen, in der wir unsere Methoden anbringen können?

Du bist jetzt schon eine Weile hier: Für welche Art des Arbeitens steht der DigitalService?

Im Vergleich zu anderen Firmen ist der DigitalService erst drei Jahre alt. Wir sammeln noch Erfahrungen; gleichzeitig bin ich sehr beeindruckt, wie gut sich die Organisation in dieser kurzen Zeit positioniert und vernetzt hat. In etablierten Unternehmen muss man, glaube ich, Leute noch oft „hintreiben“ oder erklären, warum eine lernende Organisation so wichtig ist. Hier gibt es keinen, der das nicht versteht und der nicht zutiefst fühlt, dass wir sowohl über die Verwaltung mehr lernen müssen als auch darüber, wie wir dort Projekte gut aufsetzen und erfolgreich machen können. Das ist zutiefst verankert bei allen – dieser Wille und die Bereitschaft zu lernen. Das finde ich beeindruckend.

Hast Du neue Erfahrungen gemacht, was die Unternehmenskultur betrifft?

Ich komme aus einer Firmenkultur mit sehr vielen Freiheiten für die Mitarbeitenden. Daher war das für mich kein großer Kulturschock, das beim DigitalService auch zu erleben – ich hatte eher sehr viele Anknüpfungspunkte. Wie viele Unternehmen, die viel Freiheit gewähren, sind wir immer auf der Suche nach dem richtigen Maß zwischen enger und lockerer Führung. Wie viele Vorgaben muss ich geben, wie viele Leitplanken benötige ich? Man muss immer wieder abwägen: Was brauchen die Teams, um gut aufgestellt zu sein? Was müssen wir vielleicht auch aus rechtlichen Gründen oder einfach aus Effizienzgründen vorgeben? Ich finde es toll, die Chance zu haben, meine Erfahrung einzubringen und vielleicht ein paar Leitplanken zu geben.

Was sind Eure Aufgaben im DigitalService und wie arbeitet Ihr als Transformations-Manager:innen?

Ich bin Head of Transformation und damit der Kopf einer neuen Disziplin. Es gibt jetzt vier Disziplinen beim DigitalService und wir finden gerade heraus, wie wir unsere Rolle als Transformations-Team am effektivsten leben können. Im Unterschied zu den anderen ist unsere Disziplin noch im Aufbau. Transformation ist ein riesiger Begriff: Alle würden zustimmen, dass man es braucht, aber was man im Detail darunter versteht, müssen auch wir im Einzelfall immer wieder herausfinden.

Grundsätzlich würde ich zusammenfassend sagen, dass wir uns um Veränderungen im Umfeld der Projekte kümmern und darum, wie wir gut mit unseren Projektpartnern zusammenarbeiten. Meine eigene Rolle verstehe ich so, dass ich nebst den administra­tiven Aufgaben dafür sorge, dass wir eine gewisse Kohärenz in unserer Arbeit haben – eine Linie. Was bedeutet das im Einzelfall in dem Projekt? Welche Methoden unterstützen uns da? Was sind auch die Grenzen der Transformationen in unserem Auftrag?

Gibt es etwas, worauf Du zuletzt besonders stolz warst?

Im Frühjahr 2023 hatte der Digitalcheck, den wir entwickeln, viel Präsenz in den Medien. Das ist eine sehr komplexe Aufgabe, die da umgesetzt wird. Wir haben gutes Feedback bekommen für das, was wir entwickelt und erarbeitet haben. Da bin ich sehr stolz drauf.

Interviewpartnerin Jutta im Gespräch mit einer Kollegin im Büro des DigitalService

Du warst in Elternzeit. Wie siehst Du beim DigitalService die Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Meine Tochter ist jetzt ein Jahr alt. Lässt sich die Position als Führungskraft mit Teilzeit oder Elternzeit vereinen? Beim DigitalService ganz klar: ja! Ich kann mir viele Arbeitspakete selbst erstellen und entscheiden, was die Arbeitsgeschwindigkeit ist. Und aufgrund dessen kann ich die Arbeitslast auch etwas steuern.

Was ein großer Unterschied ist: Ich habe bisher die IT-Branche immer als sehr männlich dominiert wahrgenommen. Das ist hier ganz anders. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird mir dadurch leichter gemacht, dass meine Chefin auch Kinder hat und die Herausforderungen, die das mit sich bringt, kennt. Ich glaube, mehr Frauen in Führungs­positionen erleichtern die Vereinbarkeit.

Was wäre aus Deiner Sicht wichtig für ein familienfreundliches Unternehmen? Also neben keinen Meetings nach 16 Uhr?

Kolleg:innen mit Familie sollen sichtbar sein – egal ob männlich oder weiblich. Man muss sich nicht verstecken, sondern es ist allen klar: Ich habe auch eine Familie. Der Fokus auf den Beruf ist wichtig, aber das Leben ist komplex und daraus ergeben sich nun mal zusätzliche Verpflichtungen.

Was könnte noch besser funktionieren?

Wir haben hier ein großes Maß an Flexibilität und Hybridarbeit, das ich auch in Anspruch nehme, wenn ich von zu Hause arbeite. Aber was bedeutet das für die Meeting-Kultur? Werden Pausen eingeplant oder bei bereits vier Meetings nicht zu einem weiteren eingeladen? Wenn ich Zeit zum fokussierten Arbeiten geblockt habe, sollte man das zudem respektieren. Wir lernen gerade gemeinsam, wie das hybride Arbeiten funktioniert. Und da profitieren auch Menschen davon, die keine Kinder haben.

Und außerhalb von Arbeit und natürlich dem kleinen Kind: Wenn Du noch Zeit hast, was machst Du gern? Gibt es etwas, was Du außerdem noch gern ausprobieren würdest?

Wenn ich Zeit für mich habe, lese ich noch immer sehr gern. Nebenbei spiele ich Quer­flöte in einem Orchester und mein Traum ist es, beim nächsten öffentlichen Konzert des Orchesters dabei zu sein – vielleicht klappt das sogar schon nächstes Jahr!

Gibt es auch etwas, was Du gern früher gewusst hättest?

Man sollte sich generell früh die Frage stellen: Können wir gut zusammenarbeiten, können wir „gut miteinander“? Und zwar sowohl menschlich als auch im Projektkontext? Man kann gut über den Inhalt streiten, wenn die Beziehungsebene stimmt. Dann hält ein Projekt sehr viel aus. Stimmt die Beziehung und kann ich mir vorstellen, mit dieser Person zu streiten? Das ist eine wichtige Frage.

Was würdest Du explizit jemandem als Ratschlag mitgeben, wenn er sich beim DigitalService bewerben will?

Man sollte sich sehr bewusst machen, dass die Verwaltung eigene Regeln und Vorgehen hat, die auch aus bestimmten Gründen gewachsen sind. Es braucht einen langen Atem. Wenn man sich hier bewirbt, sollte man ein Verständnis dafür entwickeln, warum das vielleicht auch gut ist. Ich möchte weg davonkommen, dass wir die Verwaltung „auf Biegen und Brechen“ verändern wollen, sondern auch lernen, die Schönheit der Verwaltung zu sehen. Wie kann man damit umgehen und wie kann man damit tanzen?

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