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Eine Mitarbeiterin des DigitalService betrachtet Notizen an einem Whiteboard

Überwindung der Datenlücke: Wie wir den Digitalcheck datenge­trie­ben weiter­ent­wickeln

Daten sind für die Arbeit des DigitalService ein wichtiges Tool: Sie helfen uns, verschiedene Arbeitsschritte zu priorisieren, um maximale Effizienz für unsere Arbeit und die Bürger:innen zu generieren und schließlich auch die Wirksamkeit unserer Lösungen zu überprüfen. In einem unserer Projekte – dem Digitalcheck für digitaltaugliche Gesetzgebung – stehen wir allerdings vor folgender Herausforderung: Automatisch generierte Daten wie Nutzungszahlen, anhand derer wir Bedarfe und auch Erfolg messen können, stehen uns aktuell nicht zur Verfügung.

Wie wir trotzdem Daten generieren und diese gezielt zur Weiterentwicklung des Digitalcheck nutzen, das erläutern wir in diesem Blogbeitrag.

Zur Einordnung: In all unseren Projekten erheben wir stetig Daten. Wird beispielsweise ein Online-Formular entwickelt, dann werten wir die durchschnittliche Bearbeitungsdauer des Formulars aus. Schließlich ist es das Ziel der Nutzenden, das Formular möglichst schnell vollständig bearbeitet zu haben. Hier ist sowohl die Stelle, an der wir Daten erheben können, als auch der Wirkhebel offensichtlich. Anders ist das beim Digitalcheck: Der Gesetzgebungsprozess ist insgesamt komplex und erstreckt sich über einen längeren Zeitraum, wie unsere Digitalcheck Service Landschaft eindrücklich illustriert.

Auf einem großen, horizontalen Plakat sind mehrere Schemen aufgedruckt. Viele kleine blau gefärbte Kreisen verdeutlichen das Prinzip des Digitalchecks.

Die Legist:innen, die in den einzelnen Ministerien Gesetze entwickeln, wenden den Digitalcheck jeweils individuell und selbstständig im Erarbeitungsprozess an. Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) nimmt anschließend dazu Stellung, inwieweit der Regelungsentwurf die digitalen Möglichkeiten ausschöpft. Dann geht die Reise einer neuen Regelung weiter ins Kabinett und schließlich in den Bundestag beziehungsweise den Bundesrat. In den einzelnen Stationen haben weder das Team Digitalcheck aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und DigitalService noch die ebenfalls in die Genese des Digitalcheck eingebundenen Ministerien der interministeriellen Arbeitsgruppe direkten Einblick.

Dennoch benötigen wir Daten, um zu erfassen, ob und wie der Digitalcheck genutzt wird und wo Defizite und Hemmschwellen, aber auch Chancen liegen. Denn ohne diese Informationen können wir nicht feststellen, wie weit wir uns bereits dem Ziel angenähert haben, dass der Digitalcheck in allen Ressorts und für alle neuen Regelungsvorhaben möglichst frühzeitig im Erarbeitungsprozess angewandt wird. Und mindestens genauso wichtig: An welchen Stellschrauben wir drehen können, um ihn noch effektiver und nachhaltiger zu etablieren.

Daten mit Hilfe von Partner:innen und Nutzer:innen generieren

Um hier Einblick und Zugang zu relevanten Kennzahlen zu erhalten, müssen wir kreativ sein und eng mit unseren Partner:innen zusammenarbeiten, die in den Gesetzgebungsprozess eingebunden sind.

Eine wichtige Quelle ist das Sekretariat des NKR, der den Digitalcheck für einzelne Regelungen überprüft und nach Abschluss des ministeriellen Gesetzgebungsverfahrens statistische Daten mit uns teilt.

Über die Frage hinaus, wie konsequent der Digitalcheck genutzt wird, ist regelmäßiges Feedback von Legist:innen als der wichtigsten Zielgruppe des Digitalcheck besonders wertvoll für uns. Hierdurch erfahren wir, welche Probleme, aber auch Chancen sich während der Nutzung ergeben. Dies erschließen wir uns auf unterschiedlichen Wegen:

Regelmäßige Online-Umfragen bei denjenigen, die den Digitalcheck angewandt haben

Support-Anfragen, die uns per E-Mail oder über die Telefonhotline erreichen

Rückmeldungen in unseren Digitalcheck Workshops beziehungsweise der Digitalcheck Sprechstunde

Interviews und User Tests

Daten zusammenführen und aufbereiten

Um eine aussagekräftige Datenbasis zu erhalten, führen wir die Informationen aus den verschiedenen Quellen zusammen und ordnen sie thematisch. Durch etwa eine Verknüpfung verschiedener Parameter, oder anhand der Veränderung über die Zeit reichern wir Daten mit Bedeutungsinhalten an, so entstehen Informationen, mit denen wir weiter arbeiten können.

Grafische Darstellung als Balkendiagramm des Ergebnisses, dass der Digitalcheck zu spät eingesetzt wird

Wenn wir die individuellen Antworten aus der Umfrage thematisch bündeln, werden schnell Tendenzen deutlich. So hören die meisten Legist:innen erst relativ spät im Erarbeitungsprozess vom Digitalcheck, so dass er sein volles Potenzial kaum entfalten kann.

Gemeinsam aufgrund der Datenlage entscheiden

Die aus den verschiedenen Quellen gewonnenen und oft visuell aufbereiteten Erkenntnisse besprechen wir beispielsweise in der interministeriellen Arbeitsgruppe, die eigens für die Erarbeitung des Digitalcheck ins Leben gerufen wurde. Wie wir dort gemeinsam Entscheidungen zur Weiterentwicklung des Digitalcheck treffen, haben wir bereits in unserem letzten Blogbeitrag beschrieben. Die Schlussfolgerungen, die wir aus der Datenlage ziehen können, sind dabei eine wesentliche Hilfestellung.

Eine größere Gruppe sitzt um einen Konferenztisch und diskutiert, am vorderen Ende ist auf einem Bildschirm eine Präsentation zur schrittweisen Weiterentwicklung des Digitalcheck zu sehen.

So geht beispielsweise der Fokus auf Visualisierungen, um Gedankengänge nachvollziehbar zu machen und Prozesse zu modellieren, unter anderem auf entsprechendes Feedback von Legist:innen aus den Digitalcheck Workshops zurück.

Ein weiteres Beispiel, wie datengetriebene Erkenntnisse in die Entwicklung des Digitalcheck einfließen: Aus der ersten Online-Umfrage Anfang April 2023 ergab sich die Notwendigkeit für Begründungsfelder.

Grafische Darstellung als Balkendiagramm, dass zusätzliche Informationen vorrangig per E-Mail eingereicht werden

Die Umfrage zeigt, dass die meisten Legist:innen zusätzliche Informationen per E-Mail gesendet haben. Basierend auf dieser Erkenntnis haben wir den Prozess verschlankt und Begründungsfelder eingefügt.

Die Online-Umfrage zeigte, dass die große Mehrheit der Legist:innen weitere Informationen zu ihrem Regelungsvorhaben an den NKR übermittelten. Die meisten taten das per E-Mail, weil die bisherige Dokumentation nicht genug Möglichkeiten dazu bot. Dies haben wir in der aktuellen Version des Digitalcheck geändert: Alle relevanten Anmerkungen finden nun in neu integrierten Begründungsfeldern direkt in der begleitenden Digitalcheck Dokumentation Platz, die Legist:innen an den NKR weitergeben.

Wie sich Erkenntnisse aus unterschiedlichen Quellen ergänzen

Wie die Erhebung von Daten, die Zusammenschau verschiedener Datenquellen und die gemeinsame Visualisierung in der Praxis funktionieren, lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen: der Anwendungsrate des Digitalcheck.

Die durchschnittliche Anwendungsrate liegt über den gesamten Zeitraum seit Einführung des Digitalcheck im Januar 2023 inzwischen bei 59 % (Stand: Juni 2023). Wenn wir die Anwendungsrate pro Monat vergleichen, sehen wir einen steilen Anstieg, denn noch im Januar wurde der Digitalcheck nur bei 13 % der Regelungsvorhaben angewandt. Im Verlauf der mit dem NKR vereinbarten Übergangsphase für das erste Quartal 2023 stieg die Anwendungsrate bereits auf 77 % im März. Die Lücke zwischen der Anzahl der Regelungsvorhaben insgesamt und der Anzahl der Regelungsvorhaben mit Digitalcheck schließt sich also zunehmend (83 % Anwendungsrate im Mai).

Hinweis:
Dass die Anwendungsrate nicht mit der verpflichtenden Einführung des Digitalcheck sprunghaft auf 100% angestiegen ist, hat einen Grund: Der Digitalcheck zielt auf einen grundlegenden Wandel im Prozess der Gesetzgebung ab. Das bedeutet für Legist:innen, dass sie ihre Arbeitsprozesse verändern, Digitaltauglichkeit von Beginn an mitdenken und ihre methodischen Herangehensweisen erweitern. Diese Transformation braucht – wie alle Veränderungen – Zeit. Dies wird uns auch immer wieder in unseren Schulungsangeboten und im Support zurückgemeldet.

Wir haben diesen Datensatz, den wir vom Sekretariat des NKR erhalten, mit den Ergebnissen aus der Online-Umfrage zusammengeführt, die wir regelmäßig unter Legist:innen durchführen. So kann nachvollzogen werden, dass im ersten Teil des Jahres viele Regelungen bereits in einem späten Stadium waren, oft liefen schon Abstimmungsprozesse und eine tiefe inhaltliche Auseinandersetzung mit der Digitaltauglichkeit war nicht mehr möglich.

Auch dieses Ergebnis ist ermutigend: Noch ist es zwar so, dass der Digitalcheck in vielen Fällen erst spät durch einen Hinweis des NKR angestoßen wird.

Grafische Darstellung als Balkendiagramm, welche zeigt, dass der Normenkontrollrat oft der Auslöser für die zu bearbeitende digitale Prüfung ist.

Oft nutzen Legist:innen den Digitalcheck nach einem Hinweis des Nationalen Normenkontrollrats – und damit erst sehr spät im Erarbeitungsprozess.

Diejenigen Legist:innen, die ihn bereits durchgeführt haben, bestätigen aber die Notwendigkeit, bereits in einer frühen Phase über digitaltaugliche Regelungen nachzudenken:

Grafische Darstellun als Balkendiagram, dass eine frühe Befassung mit dem Digitalcheck sinnvoll ist

Dass die frühe Einbindung des Digitalcheck sinnvoll ist, bestätigen Legist:innen in unserer Umfrage . Für uns bedeutet das, weiterhin proaktiv auf sie zuzugehen und unterstützende Angebote zum Digitalcheck zu intensivieren.

Aufbauend auf dieser Analyse haben wir folgenden Schluss für uns gezogen, der in die weitere Entwicklung und Kommunikation einfließt: Der Mehrwert einer frühen Einbindung des Digitalcheck wird gesehen, auch wenn dies noch nicht zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Dies bedeutet für uns, dass wir weiterhin proaktiv auf Legist:innen zugehen, regelmäßig Workshops und Sprechstunden anbieten, in unserem Newsletter auf Neuerungen hinweisen und über die interministerielle Arbeitsgruppe relevante Informationen weitergeben. So können wir den Transformationsprozess, den der Digitalcheck für den Arbeitsalltag der Legist:innen bedeutet, unterstützen und weiter aktiv fördern.

Insgesamt zeigt dieses Beispiel, dass es sich immer lohnt, Daten zu generieren und mithilfe der abgeleiteten Informationen auf fundierter Basis an Produkten weiterzuarbeiten. Der zusätzliche Aufwand, anhand von Umfragen oder gemeinsam mit Partner:innen Daten zu gewinnen, zahlt sich in jedem Fall aus. Durch Generierung und Verbindung von qualitativen und quantitativen Daten können Erkenntnisse gewonnen, Prioritäten gesetzt und eine Zentrierung auf die Nutzerbedürfnisse gefördert und gestärkt werden. Damit helfen Daten dabei, Lösungen nutzerzentrierter zu machen – und dafür zu sorgen, dass sie für alle besser funktionieren.

Bei Rückmeldungen oder Fragen zum Thema dieses Beitrags oder zum Digitalcheck allgemein freuen wir uns über eine E-Mail an digitalcheck@digitalservice.bund.de.

Weitere Informationen zur Genese und zu den Inhalten des Digitalcheck gibt es in unseren bisherigen Blogbeiträgen „Durch eine digitaltaugliche Gesetzgebung die Voraussetzungen für einen digitalen Staat schaffen“ und „Fünf Prinzipien für digitaltaugliche Gesetze“.


Porträtfoto des Autors Benedikt Liebig

Benedikt Liebig

ist Product Manager beim DigitalService. Er war Fellow der Tech4Germany Kohorte 2020. Seitdem unterstützt er die digitalen Vorhaben der Verwaltung – mit einer iterativen, datengetriebenen und human-zentrischen Sichtweise. Er schafft Räume, in denen Verwaltung, Design, IT und Recht als Team interdisziplinär und mit Spaß an einem Service arbeiten. Privat ist Bene viel mit seinem Rennrad unterwegs und engagiert sich für einen klimaresistenten Wald.

Portrait Foto der Autorin Lena Mohr

Lena Mohr

ist seit März 2023 Service Designerin beim DigitalService. Zuvor hat sie bereits mehrere Jahre als freiberufliche UX Designerin für Start-ups und Digitalagenturen gearbeitet. Als Tech4Germany Fellow 2022 machte sie erste Schritte ins Verwaltungsumfeld und war von Motivation und Engagement der Ministeriumsmitarbeitenden nachhaltig beeindruckt. Über das Fellowship fand sie auch den Weg zum DigitalService. Wenn Lena nicht damit beschäftigt ist, neue Prozesse für eine digitaltaugliche Gesetzgebung mitzugestalten, schreibt und illustriert sie Kindergeschichten, in denen es vor allem um Vielfalt und Gleichberechtigung geht.


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