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Eine Person hält ein Blatt Papier mit einer Übersicht in der Hand. Im Hintergrund sind an einer Wand mehrere Blätter mit grafischen Visualisierungen zu sehen.

Mit Visualisierungen zu einer digital­taug­lichen Gesetz­gebung

Die Bundesregierung und das federführende Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) haben im Rahmen der beschlossenen Eckpunkte zum Digitalcheck die besondere Relevanz von Visualisierungen hervorgehoben. Schon früh in der Arbeit am Digitalcheck rückten Visualisierungen als wichtige Methodik für digitaltaugliche Regelungen in den Fokus. Und auch für den Nationalen Normenkontrollrat (NKR) spielen Visualisierungen eine zentrale Rolle für die Digitaltauglichkeit: Schon heute legt er daher in seiner Prüfung besonderen Wert auf die Visualisierung von Prozessschritten durch die Ministerien. In diesem Beitrag zeigen wir, wie Visualisierungen beim Digitalcheck bereits eingesetzt werden – und welche weiteren Potenziale wir für sie sehen.

Zur Definition: Visualisierungen bilden Gedanken, Beziehungen oder Prozesse grafisch ab und machen sie dadurch besser erfassbar. Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen Methoden und Werkzeugen für Visualisierungen; oft bauen diese auf standardisierten Notationen auf – also auf einer definierten „Sprache“ mit eigenen Symbolen und Zeichen für unterschiedliche Elemente und ihre Bezüge zueinander.

Visualisierungen können aber auch frei erstellt werden, um einen Mehrwert zu stiften. Eine Visualisierung, die für unser Verständnis des Gesetzgebungsprozesses zentral war und mit der wir nach wie vor regelmäßig arbeiten, ist die Digitalcheck Service-Landschaft.

Eine Person zeigt auf eine großflächige Grafik. Die Grafik ist mit einem System aus Kreisen uns Stichpunkten bedruckt.

Schon seit der Einführung des Digitalcheck im Januar 2023 empfehlen wir den Legist:innen – denjenigen, die in den Bundesministerien Regelungsvorhaben erarbeiten – die Gesetzesumsetzung zu visualisieren.

Aber warum sollen sich diejenigen, die Gesetzestexte schreiben, zusätzlich zu juristischen und fachlichen Fragen auch mit Visualisierungen befassen?

Hürden durch den Zoom in die Praxis identifizieren

Um sicherzustellen, dass Regelungen digitaltauglich sind, müssen sie von der Umsetzung her gedacht werden. Visualisierungen sind dabei eine wirkungsvolle Methode, komplexe Abläufe zu strukturieren und sie schneller und intuitiv erfassbar zu machen.

Beim Erstellen einer Visualisierung zoomen Legist:innen in die Praxis: Welche Vorgänge und Entscheidungen sind auf den verschiedenen Ebenen nötig, um eine Regelung umzusetzen? Das Feld kann sich dabei weit strecken – vom Bund über die Bundesländer bis in die Kommunen und deren Verwaltungen und schließlich zu Unternehmen und Bürger:innen, die ja die eigentliche Zielgruppe von Gesetzen sind. Dabei werden mögliche Hindernisse für eine digitale Umsetzung sichtbar, die beim Blick aus der Vogelperspektive leicht übersehen werden. Eine Visualisierung bietet eine Übersicht über den gesamten Prozess mit allen Arbeitsschritten, Zielgruppen und eingebundenen Stakeholdern sowie ihrer Bedürfnisse und Anforderungen. Auch Entscheidungsketten und Abhängigkeiten werden sichtbar, beispielsweise auf welche bereits existierenden Daten und Infrastruktur im Verlauf der Umsetzung zugegriffen werden kann.

Schon während der Erstellung der Visualisierung kommt es zu ersten Erkenntnissen: Beim Erarbeiten setzen Legist:innen sich bereits mit den digitalen Möglichkeiten und neu entstehenden Lösungen auseinander. So fallen insbesondere Logikbrüche in Entschei­dungs­struk­turen auf, die einer Automatisierung entgegenstehen. Oder die Übersicht aller beteiligten Akteure wirkt als Anreiz, sich damit zu beschäftigen, welche Daten an anderer Stelle bereits vorhanden sind und darum nicht erneut abgefragt werden sollten. Auch Medienbrüche, unnötige Schleifen, Unstimmigkeiten oder offene Verfahrensenden fallen in dieser vertieften Beschäftigung mit der Umsetzung auf.

Die Arbeit mit Visualisierungen ist für Legist:innen also eine immense Unterstützung darin, gleich mehrere der fünf Prinzipien für digitaltaugliche Gesetze auf ihre Regelung anzuwenden.

Außerdem hilft eine Visualisierung dabei, die eigenen Gedankengänge nachvollziehbar zu machen – und sie damit auch anderen zu vermitteln, die ebenfalls in den Erarbeitungs- und Entscheidungsprozess von Gesetzen eingebunden sind.

Eine Person zeichnet auf Papier eine Visualisierung. Daneben liegt ein Blatt Papier mit verschiedenen grafischen Elementen.

Visualisierungen waren schon von Beginn an Teil des Digitalcheck

Zu Beginn unserer Arbeit am Digitalcheck gingen wir davon aus, dass einfache Visuali­sierungen auf Papier ausreichend wären, um die Umsetzung von Regelungen zu durch­denken und zu verstehen. Genau dieses Vorgehen hatten wir in der Version 1.1 im Januar 2023 empfohlen und in der Folgezeit mehrfach getestet.

Gerade in der frühen Phase ist diese simple Form der Visualisierung auch sehr hilfreich. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass ein gemeinsames Verständnis innerhalb des eigenen Referats nicht ausreichte. Die Visualisierungen mussten über Institutionsgrenzen hinweg und an unterschiedlichen Stationen des Gesetzgebungsprozesses funktionieren. So haben wir beispielsweise im Digitalcheck Support erlebt, dass Visualisierungen, die für den Austausch mit umsetzenden Akteuren herangezogen wurden, dort ein besseres Verständnis der Regelung ermöglichten. Sie halfen dabei, ihre Umsetzbarkeit zu bewerten. Auch das Sekretariat des NKR kann sich bei seiner Prüfung und Stellungnahme auf die Visualisierung beziehen.

Ein Kreisdiagramm fasst den obenstehenden Text grafisch zusammen und bildet ab, wofür die Beteiligten Visualisierungen im Erarbeitungsprozess einer Regelung nutzen.

In den verschiedenen Stadien der Gesetzeserarbeitung helfen Visualisierungen den jeweils Beteiligten – beim Durchdenken der Regelung, im Austausch mit anderen und bei der Prüfung durch den NKR.

Nach weiteren Tests und Gesprächen haben wir im Juni 2023 in Version 1.2 eine einfache Flussdiagramm-Notation eingeführt. Unsere Annahme ist, dass diese besonders einfache Form der Visualisierung eine gute gemeinsame Basis darstellt, um Umsetzungsprozesse abzubilden und nachvollziehbar zu machen.

Eine Person zeichnet auf Papier eine Visualisierung. Daneben liegt ein Blatt Papier mit verschiedenen grafischen Elementen.

Die aktuelle Version 1.2 des Digitalcheck erklärt beispielhaft wesentliche Elemente von Flussdiagrammen, die für die Visualisierung von Regelungsvorhaben hilfreich sind.

Schrittweise Weiterentwicklung von Instrumenten zur Visualisierung für die Digitaltauglichkeit von Regelungen

Aktuell beschäftigen wir uns mit der Frage, wie detailliert Visualisierungen angelegt werden sollten und welches Werkzeug bzw. welche Software dafür am besten geeignet ist. Dabei müssen wir natürlich herausfinden und berücksichtigen, welche Programme institutionenübergreifend bereits vorhanden oder zumindest zugänglich sind.

Denn für uns ist klar, dass die Anleitung für Flussdiagramme der Version 1.2 nur der Anfang für eine breite und wirkungsvolle Nutzung von Visualisierung in der Gesetzgebung ist. Über die passenden Instrumente und Angebote für Legist:innen hinaus beschäftigt uns dabei auch die Nutzung der Visualisierung im gesamten Gesetzgebungskreislauf und die Frage, für welche Zwecke und Zielgruppen Visualisierungen in diesem Kontext hilfreich und wichtig sind.

Das Sekretariat des NKR berichtet uns, dass zunehmend mehr Visualisierungen zusammen mit den Digitalcheck Dokumentationen eingehen. Selbstverständlich bewerten wir gemeinsam mit dem NKR dabei laufend, wie zielführend sie dabei um- und eingesetzt wurden. Aber insgesamt ist das ein sehr positives Signal – wie auch die Tatsache, dass der NKR kürzlich – beim Gesetzentwurf zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts – zum ersten Mal eine Visualisierung in einer seiner Stellungnahmen verwendet hat.

Visualisierungen im Rahmen des Digitalcheck haben also eine hohe Priorität für uns, vor allem die vier folgenden Schwerpunkte:

Sensibilisieren, dass und wann visualisiert wird

Informieren, wie für welchen Fall visualisiert wird

Trainieren, wie Visualisieren funktioniert und wie Digital­taug­lich­keit daraus abgeleitet wird

Klären, mit welcher Methode visualisiert wird und wie Visuali­sierungen in die Arbeitsstruktur integriert werden

Unsere Erfahrungen zeigen, dass Visualisierungen ein besonderer Hebel für eine digitaltaugliche Gesetzgebung sind: Sie ermöglichen es, von neuen Regelungen schneller und besser zu guten digitalen Services zu kommen. In den kommenden Monaten werden wir daher schrittweise die Instrumente und Angebote des Digitalcheck weiterentwickeln, um Legist:innen immer besser zu unterstützen, neue Regelungen frühzeitig zu visualisieren und ihre Digitaltauglichkeit zu fördern.

Bei Rückmeldungen oder Fragen zum Thema dieses Beitrags oder zum Digitalcheck allgemein freuen wir uns über eine E-Mail an digitalcheck@digitalservice.bund.de.

Weitere Informationen zur Genese und zu den Inhalten des Digitalcheck gibt es in unseren bisherigen Blogbeiträgen „Überwindung der Datenlücke: Wie wir den Digitalcheck datengetrieben weiterentwickeln“, „Digitalcheck: So entwickeln wir die Beta-Version schrittweise weiter“ und „Durch eine digitaltaugliche Gesetzgebung die Voraussetzungen für einen digitalen Staat schaffen“.


Portrait Foto der Autorin Sabrina Feuerherd

Sabrina Feuerherd

arbeitet als Service Designerin beim DigitalService daran, bessere Verwaltungsleistungen (Services) für alle zu gestalten. Durch eine breite Aufstellung an Designmethoden bringt sie Ordnung und Struktur in komplexe Sachverhalte. In ihrer Freizeit schlendert Sabrina gerne durch Buchläden und achtet als ehemalige Gründerin des einzigen Berliner Zero Waste Meetups auf eine nachhaltige Lebensweise.

Porträtfoto des Autors Benedikt Liebig

Benedikt Liebig

ist Product Manager beim DigitalService. Er war Fellow der Tech4Germany Kohorte 2020. Seitdem unterstützt er die digitalen Vorhaben der Verwaltung – mit einer iterativen, datengetriebenen und human-zentrischen Sichtweise. Er schafft Räume, in denen Verwaltung, Design, IT und Recht als Team interdisziplinär und mit Spaß an einem Service arbeiten. Privat ist Bene viel mit seinem Rennrad unterwegs und engagiert sich für einen klimaresistenten Wald.


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