Wie wir den Digitalcheck 2024 weiterentwickeln
Der Digitalcheck ist einer von fünf sogenannten „Durchstartern“ und gilt als ein „wichtiges Thema mit wachsender Relevanz“, so Behörden Spiegel, Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) und Fraunhofer Fokus in ihrem ThemenRadar der öffentlichen Verwaltung 2024. In diesem Blogbeitrag zeigen wir, wie wir den Durchstarter Digitalcheck im Laufe des Jahres weiterentwickeln wollen.
Darüber hinaus gehen wir darauf ein, warum eine digitaltaugliche Gesetzgebung eine längerfristige Mission auch über das Jahr 2024 hinaus ist und nachhaltig verstetigt werden muss – im Sinn der kontinuierlichen Weiterentwicklung, wie sie vom Bundeskabinett im August 2023 beschlossen wurde.
Die Voraussetzungen für ein produktives 2024 haben wir, das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und DigitalService, gemeinsam geschaffen. Einen guten Überblick darüber, was wir bereits erreicht haben, gibt unsere Jahresbilanz 2023 – Der Digitalcheck ist angekommen.
Unsere Ziele 2024
Im Laufe des vergangenen Jahres konnten wir über verschiedene Datenquellen wichtige Erkenntnisse zu Chancen und Hürden für eine digitaltaugliche Gesetzgebung gewinnen. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend haben wir Ziele und Lösungsansätze erarbeitet und diese hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, Signifikanz unserer Datenquellen und Umsetzbarkeit bewertet und priorisiert. Dazu gehören beispielsweise die Arbeit mit Visualisierungen oder die Begleitung einzelner Regelungen durch eine interdisziplinäre Taskforce.
Neben grundlegenden Rahmenbedingungen wie etwa der aktuellen Haushaltslage waren zwei Prämissen für die Planung 2024 von besonderer Bedeutung: Ob und welche Mittel 2025 für den Digitalcheck zur Verfügung stehen, wird sich erst mit Verabschiedung des Bundeshaushalts 2025 klären. Zudem zeichnet sich bereits mit der Bundestagswahl im September 2025 das Ende der aktuellen Legislaturperiode ab. Das heißt: Wichtige Vorhaben werden abgeschlossen und die zukünftige politische Agenda der Bundesregierung erst mit einem neuen Koalitionsvertrag vereinbart. Dabei ist bereits jetzt klar, dass der gesetzliche Auftrag des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) zur Prüfung den Digitalcheck zu einer Daueraufgabe für die Bundesregierung macht.
Vor diesem Hintergrund haben wir für die Weiterentwicklung im laufenden Jahr die folgenden Ziele priorisiert:
Ziel 1: Einen wirksamen Digitalcheck schaffen, der dauerhaft Mehrwert stiften kann – auch, wenn es ab 2025 keine zusätzlichen Ressourcen für Weiterentwicklung und Support geben sollte
Hier steht die Weiterentwicklung der methodischen Prozessbegleitung im Vordergrund, die der Digitalcheck Legist:innen bietet. Neben inhaltlichen Verbesserungen und Ergänzungen geht es dabei auch um deren Aufbereitung und Umsetzung, etwa um die Frage, ob der aktuell auf einem pdf-Dokument basierende Digitalcheck um digitale Tools ergänzt oder ganz ersetzt werden kann.
Ziel 2: Für und mit Legist:innen Mehrwert durch Visualisierungen und den Einbezug von Expertise zur digitalen Umsetzung erzeugen
Wir werden in schnellem Rhythmus (digitale) Werkzeuge entwickeln und testen, die Legist:innen die Arbeit mit Visualisierungen erleichtern. Als erstes digitales Tool haben wir bereits den Prototypen eines Werkzeugfinders live geschaltet, der Empfehlungen zu geeigneten Notationen und im jeweiligen Ministerium verfügbaren Visualisierungstools gibt. Dadurch können wir wertvolle Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Nutzung des Tools im Praxisbetrieb sammeln.
Ebenso wichtig ist die Frage, wie wir Umsetzungsakteur:innen – beispielsweise in Kommunen und Behörden – besser und früher in den Erarbeitungsprozess einer neuen Regelung einbeziehen können, um so deren digitale Ausführbarkeit zu verbessern.
Außerdem werden wir weiterhin anhand konkreter Regelungsvorhaben den Einsatz einer interdisziplinären Taskforce mit Spezialist:innen aus den Bereichen Software-Entwicklung, Design und Produktmanagement erproben.
Der Werkzeugfinder gibt Legist:innen Empfehlungen zur geeigneten Art der Visualisierung und zu den im jeweiligen Ministerium verfügbaren Werkzeugen.
Ziel 3: Die Wirkung durch digitaltaugliche Regelungen greifbar aufzeigen
Neben den Zielen für die unmittelbare Weiterentwicklung liegt der Fokus in diesem Jahr auch darauf, die Wirkung digitaltauglicher Regelungen greifbar zu machen. Wir wollen an konkreten Beispielen aufzeigen, welcher Mehrwert durch digitaltaugliche Regelungen für Behörden, Bürger:innen oder Unternehmen entsteht – beispielsweise durch einfachere Prozesse, verschlankte Abläufe und damit auch weniger Bürokratie. Dadurch erhoffen wir uns wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung ebenso wie ein gesteigertes Verständnis für die enorme Bedeutung des Themas.
Ziel 4: Einen Plan für die Verstetigung digitaltauglicher Gesetzgebung erarbeiten
Über die konkrete Weiterentwicklung des Digitalcheck hinaus geht es uns 2024 auch darum, auf eine nachhaltige Verstetigung der Maßnahmen für eine digitaltaugliche Gesetzgebung hinzuarbeiten. Welche Maßnahmen und Unterstützungsangebote sollten fortgeführt werden? Welche Anforderungen an eine Verstetigung gehen damit einher? Wie finden wir hierfür gemeinsam mit anderen Akteur:innen im Ökosystem der besseren und digitalen Rechtsetzung ein nachhaltiges Set-up?
Nachhaltig digitaltaugliche Gesetzgebung ist eine langfristige Aufgabe
Der Digitalcheck ist ein zentraler Baustein für eine digitaltaugliche Gesetzgebung. Die übergreifende Vision dahinter zielt jedoch auf etwas Größeres ab, und zwar auf eine bessere Wirksamkeit politischer Vorhaben und systematischen Bürokratieabbau. Um beides zu erreichen, sind daher weitere Schritte nötig. Wichtige Themen sind beispielsweise:
- Wie sieht ein digitaler Gesetzgebungskreislauf aus, der die Bedarfe aller beteiligten Akteur:innen von Gesetzgebung über Umsetzung/Vollzug bis hin zur Rechtsprechung optimal aufgreift? Wie können Transparenz und Beteiligung über den gesamten Kreislauf der Gesetzgebung, von der politischen Initiative, der Vorbereitung der Regierung über das parlamentarische Verfahren, bis hin zum Vollzug, der Evaluierung und der Rechtsprechung durch Digitalisierung strukturell verbessert werden? Aufbauend auf zentralen Projekten wie der E-Gesetzgebung, E-Verkündung oder NeuRIS gilt es hier das Potenzial für verschiedene Zielgruppen nutzbar zu machen. Das gemeinsame GovLabDE-Vorhaben für ein „Gesamtzielbild für die Digitalisierung der Rechtsetzung des Bundes“ bietet hier eine wichtige Grundlage.
- Wie können Visualisierungen und Modellierungen systematisch entlang des gesamten (digitalen) Gesetzgebungskreislaufs genutzt werden, etwa für die einfachere digitale Umsetzung oder ein besseres Verständnis von komplexen Regelungszusammenhängen? Wie können Legist:innen bei Gesetzesänderungen auf Visualisierungen des bestehenden Prozesses aufbauen?
- Wie kann die vorhandene Expertise von Umsetzungsakteur:innen in der Breite besser eingebunden und systematisch für bessere Regulierung und einen (ex ante) Bürokratieabbau im Gesetzgebungskreislauf genutzt werden, z. B. über Regelungen wie One-In-One-Out hinaus?
- Wie kann die Arbeit der Legist:innen strukturell erleichtert, institutionell besser unterstützt und die zahlreichen Leitfäden und Anforderungen – etwa in der Gesetzesfolgenabschätzung – konsolidiert werden? Welche Rolle kann hier zukünftig das Zentrum für Legistik des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) als zentrale Einrichtung zur Qualifizierung und Forschung in Fragen der praktischen Gesetzgebung spielen?
- Wie kann neben neuen Gesetzen auch die bereits bestehende Rechtssetzung praxis- und digitaltauglicher gestaltet werden? Denn oft gibt es bei neuen Vorhaben angrenzende oder für die Umsetzung relevante Regelungen, die ebenso in den Blick genommen werden sollten – im Rahmen der jeweils vorgenommenen Novellierung aber meist nicht systematisch angegangen werden. Der Praxischeck des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bietet hier einen wertvollen Ansatz, gerade auch mit Blick auf das Zusammenwirken verschiedener (föderaler) Regulierungsebenen. Wie kann dieser skaliert und im Rahmen des Gesetzgebungskreislaufs institutionalisiert werden?
Für eine nachhaltig digitaltaugliche Gesetzgebung bleibt also noch einiges zu tun. Der „Durchstarter“ Digitalcheck muss zum Dauerbrenner werden. Vor allem aber muss er mit den weiteren Vorhaben im Kontext moderner Gesetzgebung in ein ganzheitliches und nachhaltiges Set-up für eine bessere, praxis- und digitaltaugliche Rechtsetzung eingebettet werden.